Hoheitlicher Charakter eines Feuerwehreinsatzes
BGH, Urteil vom 23.04.1956 - Az.: III ZR 299/54
Leitsätze:
Der Einsatz der Freiwilligen Feuerwehr einschließlich des Einsatzes bei Feuerwehrübungen ist im Lande Nordrhein-Westfalen jedenfalls seit dem Feuerschutzgesetz dieses Landes vom 2. Juni 1948 (wegen der Zeit vorher vgl. RGZ 124, 159) Ausübung hoheitlicher Gewalt. (amtlicher Leitsatz)
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Tatbestand
Der Kläger stieß mit seinem Kleinkraftrad im August 1952 auf der nicht als bevorrechtigt beschilderten Provinzialstraße im Dorfe ... mit einem Feuerwehrwagen zusammen, der aus der rechts in der Fahrtrichtung des Klägers gesehen einmündenden Straße an der ... herauskam und in die Provinzialstraße einbiegen wollte. Der Kläger war auf einer Spazierfahrt in die ihm ortsfremde Gegend um ... Halter und Eigentümer des Feuerwehrwagens war das beklagte Amt. Der Wagen wurde von einem Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr der Gemeinde ... gelenkt. Der Wagen war im Rahmen einer an diesem Tage stattfindenden Feuerwehrübung der Feuerwehren des Kreises eingesetzt und sollte von der Straße an der ... Geräte zur Übungsstelle bringen.
(...)
Gründe
Die Rüge der Revision des beklagten Amtes, die Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr seien nicht Beamte im haftungsrechtlichen Sinne des Art. 34 GrundG und des §
839 BGB, ist unzutreffend. Entscheidend für die Anwendbarkeit der Amtshaftungsbestimmungen ist, ob die Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehren mit obrigkeitlicher Gewalt ausgestattet sind. Das hat das Reichsgericht (RGZ 124, 159 f) zwar für die gewöhnlichen Mitglieder der Freiwillen Feuerwehren im Gebiete des früheren Landes Preußen verneint. Das hier maßgebliche Gesetz über den Feuerschutz im Lande Nordrhein-Westfalen vom 2. Juni 1948 (GVBl S. 205) überträgt die unstreitig hoheitsrechtlichen Aufgaben des Feuerschutzdienstes als Selbstverwaltungsangelegenheiten auf die Gemeinden, Ämter und Kreise (§ 2 Abs 1). Nach § 11 Abs 1 Satz 2 ist die Freiwillige Feuerwehr ein Bestandteil der öffentlichen Einrichtungen der Gemeinde oder des Amtes. Die vom Reichsgericht für das frühere preußische Recht vermisste Betrauung der einfachen Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr mit hoheitsrechtlichen Aufgaben ist jetzt in § 11 Abs 2 des genannten Gesetzes ausdrücklich enthalten, wo es heißt: "Bei Ausführung aller der Feuerwehr obliegenden Aufgaben einschließlich des Übungsdienstes, sind die Angehörigen der Freiwilligen Feuerwehr im Auftrage der Gemeinde, des Amtes oder des Kreises tätig." Deshalb geht das Berufungsgericht zutreffend davon aus, dass das Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr, das den Feuerwehrwagen gelenkt hat, in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes im Sinne des Art. 34 GrundG tätig geworden ist, so dass nicht dieses Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr, sondern die öffentliche Hand haftet.
(...)