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Anlage hoher Geldbeträge als Geschäft der laufenden Verwaltung?

OVG Koblenz, Urteil vom 12.12.1950 - Az.: 94/50

Leitsätze:

1. Zur laufenden Verwaltung gehören außer der Vorbereitung und Ausführung von Gemeindevertretungsbeschlüssen diejenigen Geschäfte, welche in mehr oder minder regelmäßiger Wiederkehr vorkommen und zugleich sachlich von weniger erheblicher Bedeutung sind. (Leitsatz des Herausgebers)

2. Fließen einer Gemeinde hohe Geldbeträge zu, die nicht alsbald verwendet werden sollen, so ist die Entscheidung darüber, bei welcher Bank sie angelegt werden, kein Geschäft der laufenden Verwaltung. Zuständig dafür ist daher die Gemeindevertretung. (Leitsatz des Herausgebers)

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Gründe

(...)

Die Vorinstanz ist zu dem Ergebnis gekommen, dass dem Bürgermeister die Führung der Verwaltung nur mit der in § 22 Abs. 3 ausdrücklich hervorgehobenen Einschränkung obliegt, dass er diese Verwaltung nach den Beschlüssen oder zumindest nicht dem Willen der Gemeindevertretung zuwider zu führen habe. Es würde nach Ansicht des BezirksVG zweifellos eine vom Gesetzgeber nicht gewollte Beeinträchtigung der verfassungsmäßig anerkannten demokratischen Grundsätze bedeuten, wenn der Bürgermeister entgegen dem ihm erkennbaren Willen der Gemeindevertretung eine Maßnahme ergreifen würde, die in ihren Auswirkungen für die Allgemeinheit von einer grundsätzlichen und großen Bedeutung ist.

Diese Ausführungen verkennen, dass der Bürgermeister nach der GO für Rheinland-Pfalz nicht lediglich ausführendes Organ der Gemeindevertretung ist, sondern selbständiges Organ der Gemeinde neben der Gemeindevertretung (§ 22 Abs. 1 GO). Die Gemeindeordnung von Rheinland-Pfalz beruht, ebenso wie die frühere Rheinische Städteordnung und die frühere Hess GemO auf einer Gewalten- bzw. Zuständigkeitsteilung zwischen der Gemeindevertretung und dem Bürgermeister. Gewisse Geschäfte, wozu nach § 46 GemO insbesondere die Geschäfte der laufenden Gemeindeverwaltung gehören, sind dem Bürgermeister zur selbständigen Erledigung übertragen. In solchen dem Bürgermeister überwiesenen Angelegenheiten steht der Gemeindevertretung nach § 26 GemO kein Beschlussfassungsrecht zu. Diese Zuständigkeitsteilung, die nach verschiedenen Gemeindeordnungen schon vor 1933 bestand (vgl. Weber-Faust, Hess GemO Anm. 2 zu Art. 23, Schmidt-Odenbreit, S. 389) bedeutet keineswegs einen Verstoß gegen demokratische Grundsätze; im Gegenteil, der Gedanke der Gewaltenteilung ist allgemein in den modernen demokratischen Staaten verwirklicht und bietet eine Gewähr für die Erhaltung einer echten Demokratie.

Schwierigkeiten hat immer nur die Abgrenzung des Begriffs der laufenden Verwaltung gemacht, und deshalb hat sich die Rechtsprechung häufig damit befasst, ob eine Angelegenheit zur laufenden Verwaltung und damit zu der ausschließlichen Zuständigkeit der Bürgermeister gehört. So hat das PrOVG (Bd. 37 S. 116/118) entschieden, dass ein Beschluss der Gemeindevertretung darüber, wie eingehende Schriftstücke zu behandeln sind, ihre Befugnisse überschreitet, da es sich dabei um eine der ausschließlichen Zuständigkeit des Bürgermeisters unterliegende Angelegenheit der laufenden Verwaltung handelt, ebenso, dass ein Beschluss unzulässig ist, durch den die Gemeindevertretung sich die Mitwirkung bei der Erteilung des Zuschlages für alle etats- und außeretatsmäßigen Arbeiten und Lieferungen vorbehält (OVG in PrVBl 28 S. 257). Auch die ordentlichen Gerichte haben sich mit der Frage der Zuständigkeitsabgrenzung befasst. So hat das OLG Kiel entschieden, dass die Vergebung der Schlachthausabfälle für ein Rechnungsjahr eine Angelegenheit der laufenden Verwaltung ist und daher nicht zur Zuständigkeit der Gemeindevertretung gehört (OLG Kiel vom 11. Juli 1916 Z.-U. 55/16; vgl. im übrigen Loewe in Rechtsfragen der Praxis, Verlag Seck u. Montassur, Berlin-Halensee Bd. 22 S. 13, 18 ff und die dort mitgeteilte Rechtsprechung).

Auf der anderen Seite hat das PrOVG entschieden, dass die Vergebung der Arbeiten für Erbauung einer elektrischen Zentrale und Umwandlung einer Dampfstraßenbahn in eine elektrische Bahn nicht zu den Geschäften der laufenden Verwaltung gehört (OVG Bd. 50 S. 4), gleichfalls nicht die Anstellung von Betriebsleitern und ähnlichen Stelleninhabern (OVG Bd. 70 S. 116).

Bei Beantwortung der Frage, ob die den Gegenstand des Streites bildende Angelegenheit zu den Geschäften der laufenden Verwaltung gehört ist der Gerichtshof in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des PrOVG davon ausgegangen, dass im allgemeinen zur laufenden Verwaltung außer der Vorbereitung und Ausführung von Gemeindevertretungsbeschlüssen alle diejenigen Geschäfte gehören, welche in mehr oder minder regelmäßiger Wiederkehr vorkommen und zugleich sachlich von weniger erheblicher Bedeutung sind. Geht man von diesen Begriffsmerkmalen aus, dann ist festzustellen, dass die zur Erörterung stehende Angelegenheit völlig aus dem Rahmen der Geschäfte der laufenden Verwaltung herausfällt. Es ist für eine Gemeinde ein ganz ungewöhnliches und einmaliges Ereignis, dass eine Spielbank errichtet wird, aus der der Gemeinde hohe Beträge zufließen. Während die sonstigen der Gemeinde zufließenden Einnahmen aus Steuern, Gebühren usw. normalerweise alsbald zur Deckung der laufenden Ausgaben verwendet werden, führen die Zuwendungen der Spielbank zur Ansammlung hoher Beträge auf dem Konto der Gemeinde, was ja schon daraus hervorgeht, dass man die zunächst in Höhe von 100.000,- DM übernommene Bürgschaft der Raiffeisen-Zentralkasse nicht für ausreichend hielt, so dass diese Bürgschaft auf 250.000,- DM erhöht wurde. Die Frage, wohin diese Mittel überwiesen und bis zu ihrer Verwendung angesammelt werden, ist eine Frage grundsätzlicher Art, der auch eine ganz erhebliche wirtschaftspolitische Bedeutung zukommt. Die Entscheidung hierüber fällt nicht unter den Begriff der laufenden Verwaltung, wie er vorstehend abgegrenzt und an Hand der Rechtsprechung erläutert worden ist. Die gegenteilige Auffassung würde eine mit Wortlaut und Sinn der Gemeindeordnung nicht in Einklang stehende Ausweitung der Befugnisse des Bürgermeisters bedeuten und den Wirkungskreis der Gemeindevertretung in einer nicht vertretbaren Weise einschränken. Die Vorentscheidung erwies sich somit im Ergebnis als zutreffend, und die Berufung war mit der sich daraus ergebenden Kostenfolge zurückzuweisen.