Zulässigkeit eines Taubenfütterungsverbots
OVG Lüneburg, Beschluss vom 06.02.1997 - Az.: 3 K 5809/96
Leitsätze:
1. Zur Verhütung der von verwilderten Haustauben ausgehenden Gefahren kann die Ordnungsbehörde durch Verordnung ein Taubenfütterungsverbot erlassen.
(amtlicher Leitsatz)2. Die Vorschriften des Bundesseuchengesetzes verdrängen die Ermächtigung zum Erlass einer ordnungsbehördlichen Verordnung nicht, wenn mit dem Taubenfütterungsverbot nicht das alleinige Ziel verfolgt wird, die Bevölkerung vor übertragbaren Krankheiten zu schützen.
(amtlicher Leitsatz)3. Ein Taubenfütterungsverbot verstößt nicht gegen die Grundrechte aus Art.
2 Abs. 1 oder 4 Abs. 1, 2 GG.
(amtlicher Leitsatz)4. Ein Fütterungsverbot ist nicht schon deshalb ungeeignet zur Erreichung seines Zwecks, weil es auf öffentliche Straßen, Plätze und Anlagen beschränkt ist.
(Leitsatz des Herausgebers)
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Gründe
Der Antrag auf Normenkontrolle ist zulässig. Die angegriffene Vorschrift steht als Rechtsverordnung im Range unter dem Landesrecht (§
47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO). Die Antragstellerin ist antragsbefugt, da sie durch § 7 der Verordnung beziehungsweise durch deren Anwendung einen Nachteil im Sinne von §
47 Abs. 2 Satz 1 VwGO erlitten hat und voraussichtlich auch künftig zu erwarten haben wird. Wegen Zuwiderhandlungen gegen das Fütterungsverbot sind gegen sie bereits mehrfach Bußgelder festgesetzt worden.
Die Verordnung ist formell fehlerfrei. Sie genügt den Formerfordernissen des § 36 des Niedersächsischen Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung vom 17. November 1981 (GVBl. S. 347) mit späteren Änderungen - SOG - und ist durch öffentliche Bekanntmachung im Amtsblatt für den Regierungsbezirk Braunschweig vom 10. Juli 1993 bekannt gemacht worden.
Auch in materieller Hinsicht hält § 7 der Verordnung einer rechtlichen Überprüfung stand. Das in dieser Vorschrift angeordnete Verbot, verwilderte Haustauben auf öffentlichen Straßen und Plätzen und in öffentlichen Anlagen zu füttern, ist durch die gesetzliche Ermächtigung gedeckt.
Nach den §§ 1, 33 des Niedersächsischen Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung darf eine Ordnungsbehörde Verordnungen erlassen, wenn in typischen Fällen aus bestimmten Arten von Handlungen oder Zuständen mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung entstehen können (Drews-Wacke-Vogel-Martens, Gefahrenabwehr, § 27 Anm. 4). Diese Ermächtigung zum Erlass der hier angegriffenen Vorschrift tritt im Streitfall nicht hinter einer spezialgesetzlichen Ermächtigung zurück, die die Vorschriften des Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung als subsidiär verdrängen könnte. Zwar regeln die Vorschriften des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung übertragbarer Krankheiten beim Menschen - BSeuchG - idF vom 18. Dezember 1979 (BGBl I S. 2262) mit späteren Änderungen Maßnahmen zur Verhütung (§§ 10 f) und zur Bekämpfung (§ 30 f BSeuchG) übertragbarer Krankheiten abschließend, insbesondere werden die Landesregierungen ermächtigt, durch Rechtsverordnung Vorschriften zur Verhütung übertragbarer Krankheiten zu erlassen (§ 12 a BSeuchG). Gleichwohl konnte § 7 der Verordnung vom 15. Juni 1993 auf die §§ 1, 33 SOG gestützt werden, weil die Antragsgegnerin mit dem Taubenfütterungsverbot nicht ausschließlich den Zweck verfolgt, die Bevölkerung vor übertragbaren Krankheiten im Sinne des Bundesseuchengesetzes (§ 19) zu schützen. Das Verbot dient vielmehr, wie die Entstehungsgeschichte und die Begründung zeigen, auch der Verhinderung von Gesundheitsgefahren, die nicht von übertragbaren Krankheiten im Sinne des Bundesseuchengesetzes ausgehen. Durch das Fütterungsverbot sollen auch solche Gefahren abgewehrt werden, die durch Ungeziefer, das sich in den Nestern und dem Gefieder hält, durch Taubenkot und durch die Kadaver verendeter Tiere hervorgerufen werden können. Das Verbot soll weiter dem Ziel dienen, Schäden an Baudenkmälern und Gebäuden zu mindern, um auf diese Weise den Beschwerden von Hauseigentümern zu begegnen. Verwilderte Tauben können, wenn sie - wie hier - in großen Scharen auftreten, aber nicht nur Schäden an Gebäuden verursachen, sondern auch starke Verunreinigungen von Straßen und Gehwegen herbeiführen. Selbst wenn das Taubenfütterungsverbot daneben auch dem Schutz vor übertragbaren Krankheiten dienen sollte, schließt das den Erlass einer auf das SOG gestützten ordnungsbehördlichen Verordnung nicht aus.
Die Antragsgegnerin ist auf der Grundlage verschiedener Stellungnahmen ihres Gesundheitsamtes und ebenso des Städtischen Klinikums Braunschweig - Bakteriologisch-Serologisches Institut - zu Recht davon ausgegangen, daß durch die große Anzahl verwilderter Haustauben im Stadtgebiet zumindest eine abstrakte Gefahr iS von § 33 Abs. 1 SOG für die Gesundheit der Bevölkerung bestand. Das Ungeziefer, das sich im Gefieder der Tauben hält, und die im Taubenkot und in Kadavern verendeter Tier vorhandenen Erreger können beim Menschen zu Erkrankungen führen; nahezu alle bei den Proben festgestellten Erreger sind fakultativ menschenpathogen. Die Taubenpopulation stellt damit eine abstrakte Gefahr für die Gesundheit der Bevölkerung dar, der die Antragsgegnerin durch die Einführung des § 7 der Verordnung zu begegnen versucht. Hinzu kommt ihr Interesse, die Verschmutzungen von Gebäuden und von Straßen und Gehwegen nach Möglichkeit einzudämmen.
Das in § 7 der Verordnung normierte Fütterungsverbot ist auch geeignet, diesen Gesundheits- und allgemeinen Gefahren entgegenzuwirken. Der Senat hat keine Zweifel daran, dass eine Beschränkung des Nahrungsmittelangebots während des gesamten Jahres eines der in Betracht kommenden Mittel ist, um eine zu starke Vermehrung der Tauben einzuschränken. Zwar werden im Schrifttum auch andere und möglicherweise wirksamere Maßnahmen genannt, wie Beschränkung des Nistplatzangebots, Abschuss, Fang- oder Vergiftungsmethoden, Einsatz von Hormonen und anderes (vgl. Köster u.a., Das Problem der Stadttauben, Deutsches Tierärzteblatt 1991, S. 272 ff m.w.N.). Dass die von der Antragsgegnerin getroffene Entscheidung zur Erreichung des angestrebten Ziels generell geeignet ist, wird durch folgende Ausführungen in der genannten Abhandlung unterstrichen (S. 274 unter f):
"Es ist wissenschaftlich unbestritten, dass das Futterangebot neben den 'städtischen Kunstfelsen' als Brut- und Schlafplatzangebot mit weitgehendem Schutz vor natürlichen Feinden die Anzahl der Stadttauben bestimmt. Wenngleich die schlechte Aufzuchtrate und Überlebensfähigkeit der in Stadtzentren geschlüpften Jungtauben eine Verminderung durch natürliche Abgänge erwarten lässt, wird tatsächlich die Taubenzahl durch Zuflug opportunistischer Exemplare aufgrund des künstlichen Futterangebots und in dessen Abhängigkeit konstant gehalten. Aus diesem Grund wird eine kontrollierte Beschränkung bis hin zum Fütterungsverbot als einzige vernünftige und tierschutzgerechte Methode zur Kontrolle und Verminderung angesehen ..."
Jedenfalls ist die Untauglichkeit eines Fütterungsverbotes für den angestrebten Zweck der Verminderung der durch Tauben verursachten Beeinträchtigungen und Gefahren aber nicht evident. Das Mittel des Fütterungsverbotes ist nicht schlechthin ungeeignet, um die angestrebten Ziele zu erreichen. Vielmehr kann nicht ausgeschlossen werden, dass bereits das Fütterungsverbot zu einer Abwanderung der Tauben oder zu einer Verminderung der Taubenzahl und damit zu einer Verringerung der Verunreinigungen von Straßen und Anlagen und zur einer Verringerung der Gesundheitsgefahren für Menschen und Tiere durch Tauben führt. Das reicht zur Rechtfertigung einer Rechtsverordnung auf dem Gebiet der Gefahrenabwehr aus.
Dem Einwand der Antragstellerin, § 7 der Verordnung sei zur Erreichung des angestrebten Zwecks schon deshalb objektiv ungeeignet, weil sich das Fütterungsverbot nur auf öffentliche Straßen, Plätze und Anlagen bezieht und damit nur einen Teil des Stadtgebietes erfasse, folgt der Senat nicht. Ziel der Verordnung ist es, das Futterangebot an den großen Futterplätzen im Stadtgebiet einzuschränken. Nach den langjährigen Ermittlungen der Antragsgegnerin befanden sich im Innenstadtgebiet allein 18 größere Futterplätze, an denen jeweils bis zu 800 Tauben gezählt und gefüttert worden sind (Zur Situation der Straßentaube in Braunschweig, Zoologisches Institut der Technischen Universität Braunschweig 1993, S. 9 ff). Wenn die Antragsgegnerin es untersagt, an diesen Flächen zu füttern, die sich alle an öffentlichen Straßen und Plätzen und auf öffentlichen Anlagen befinden, ist das nicht zu beanstanden. Es ist nicht offensichtlich, dass das Fütterungsverbot zur Erreichung des angestrebten Zwecks, die Taubenpopulation zurückzudrängen, ungeeignet oder untauglich wäre. Das behauptet selbst die Antragstellerin nicht. Sie räumt im Gegenteil ein, dass eine Versorgung der Tauben an anderen Stellen, insbesondere auf Privatgrundstücken, kaum möglich sei.
Es ist zwar richtig, dass viele Tauben ihre Nahrung auch abseits der großen Futterplätze finden, etwa an Vogelhäusern, auf Balkons und Fensterbrettern. Ein Kontrolle aller dieser Stellen wäre für die Antragsgegnerin aber faktisch gar nicht möglich, so dass ein generelles Fütterungsverbot im Stadtgebiet schlechterdings nicht hätte durchgesetzt werden können. Der Verordnungsgeber konnte sich deshalb zulässigerweise darauf beschränken, die zentralen Futterplätze, an denen sich Hunderte von Tieren einfinden und an denen die Übertragung von Erregern auf Dritte deshalb in besonderer Weise möglich ist, zu untersagen. Gegen die generelle Eignung des Fütterungsverbotes mit der hier vorgenommenen räumlichen Begrenzung bestehen deshalb keine rechtlichen Bedenken.
Das Verbot der Taubenfütterung verstößt auch nicht gegen sonstiges höherrangiges Recht oder Grundrechte der Antragstellerin.
Zunächst liegt kein Verstoß gegen Vorschriften des Tierschutzgesetzes i. d. F. vom 18. August 1986 (BGBl I S. 1320) mit späteren Änderungen vor. Dieses Gesetz, insbesondere sein § 1, strebt nicht an, Tieren jegliche Beeinträchtigung ihres Wohlbefindens zu ersparen, sondern wird beherrscht von der dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entsprechenden Forderung, Tieren "nicht ohne vernünftigen Grund" vermeidbare Schmerzen, Leiden oder Schäden zuzufügen (
BVerfGE 36, 47, 57;
48, 376, 389). Vernünftig im Sinne der Vorschrift ist jeder verständige und damit beachtliche oder triftige Grund, der einer Güter- oder Pflichtenabwägung standhält. Das hier ganzjährig getroffene Fütterungsverbot entspricht diesen Anforderungen. Aus der Sicht des Verordnungsgebers konnte es überwiegend vernünftig erscheinen, Gesundheitsgefahren für Menschen und Tiere, aber auch Schäden an Gebäuden und schließlich Verunreinigungen auf Gehwegen (wenigstens) durch ein Fütterungsverbot auf Straßen und in Anlagen einer Großstadt einzuschränken. Ein Verstoß gegen § 3 Ziffer 4 des Tierschutzgesetzes liegt schon deshalb nicht vor, weil es sich bei den verwilderten Haustauben im Stadtgebiet weder um gezüchtete noch um aufgezogene Tiere handelt, die sich in der Obhut des Menschen befinden. Der Grund für das in dieser Vorschrift ausgesprochene Verbot liegt darin, dass ein nicht ausreichend vorbereitetes Lebewesen durch eine positive Handlung - die hier gleichfalls nicht vorliegt - aus seinem bisher geschützten Zustand in einen neuen verbracht wird, in dem sein Leben gefährdet ist. Dem entspricht das hier angegriffene Fütterungsverbot schon tatbestandsmäßig nicht.
Ein Verstoß gegen das Grundrecht des Art.
2 Abs. 1 GG liegt nicht vor. Zwar gewährt diese Vorschrift die allgemeine Handlungsfreiheit in einem umfassenden Sinne, jedoch ist dieses Grundrecht von vornherein nur unter dem Vorbehalt der verfassungsmäßigen Ordnung gewährleistet (BVerfGE 34, 384, 395). Beschränkungen der allgemeinen Handlungsfreiheit aufgrund von formell und materiell der Verfassung gemäßen Vorschriften verletzten daher Art.
2 Abs. 1 GG nicht ohne weiteres (BVerfGE 34, 369, 378;
54, 143, 144). Das gilt in gleicher Weise auch für das Landesrecht (
BVerfGE 7, 111, 119;
41, 88,116) und ebenso für Vorschriften auf kommunaler Ebene, denen die hier angegriffene Rechtsverordnung zuzurechnen ist (
BVerfGE 54, 143, 144). Dass § 7 der Verordnung vom 15. Juni 1993 formell wie materiell mit höherrangigem Recht vereinbar ist, steht nach den obigen Ausführungen fest. Zwar schließt die in Art.
2 Abs. 1 GG gewährleistete Handlungsfreiheit auch das Füttern auf Straßen und in öffentlichen Anlagen als Äußerungsform von Tierliebe mit ein. Jedoch gehört diese Möglichkeit nicht zum absolut geschützten Kern privater Lebensgestaltung, welcher der Einwirkung durch die öffentliche Gewalt entzogen wäre (BVerfGE 38, 312, 320). Wird aber - wie hier - der unantastbare Bereich der privaten Lebensgestaltung nicht beeinträchtigt, muss die Antragstellerin als gemeinschaftsbezogene und gemeinschaftsgebundene Bürgerin staatliche Entscheidungen hinnehmen, die im überwiegenden Interesse der Allgemeinheit und zugleich unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit ergehen (BVerfGE 38, 312, 321). § 7 der Verordnung wahrt diesen Rahmen. Verwilderte Tauben können, wo sie wie in Braunschweig in großen Scharen auftreten, nicht nur Schäden an Gebäuden und Verunreinigungen von Gehwegen verursachen, sondern auch durch die massierte Verunreinigung in der Nähe bestimmter fester Futterplätze zu Gefahren für Menschen und Tiere führen. Nach den Feststellungen der Antragsgegnerin haben die verwilderten Haustauben im Stadtgebiet zu Verschmutzungen der Straßen und Gehwege, zu Schäden an Hausfassaden, an Dächern und Dachrinnen geführt. Die im Kot der Tiere nicht nur vereinzelt festgestellten Erreger stellen eine erhebliche Gefährdung für Menschen dar. Es besteht danach ein erhebliches Interesse der Allgemeinheit, derartige Beeinträchtigungen und Gefahren nach Möglichkeit zu verhindern. Das zur Erreichung dieses Ziels gewählte Fütterungsverbot auf Straßen und Anlagen der Stadt stellt demgegenüber nur einen sehr begrenzten Eingriff in die Freiheit der Ausübung von Tierliebe dar. Das insoweit überwiegende Interesse der Allgemeinheit rechtfertigt jedenfalls diesen Eingriff, der sich zudem als das mildeste Mittel zur Verminderung der Taubenpopulation in einer Großstadt darstellt.
Auch ein Verstoß gegen Art.
4 Abs. 1 oder 2 GG liegt nicht vor, wonach die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses unverletzt sind. Der Schutzbereich dieser Vorschrift umfasst die Wahrnehmung kultischer Handlungen, die Beachtung und Ausübung religiöser Gebräuche, aber auch caritative Handlungen als selbstverständliches Element religiöser Betätigung. Ob auch das Füttern von Tauben auf öffentlichen Straßen und Anlagen in den Schutzbereich des Art.
4 GG fällt, erscheint indes zweifelhaft; die Antragsgegnerin stellt dies in Abrede. Diese Frage mag aber letztlich offenbleiben. Selbst wenn dies der Fall sein sollte, könnte die Antragstellerin § 7 der Verordnung nicht unter Berufung auf ihre Grundrechte aus Art.
4 Abs. 1, 2 GG in Frage stellen. Auch wenn diese Vorschrift - anders als Art.
2 GG - ein "vorbehaltloses Grundrecht" ist, können Rechte unter Berufung auf sie nicht schrankenlos wahrgenommen werden. Einschränkungen kommen in dem Umfang in Betracht, die zum Schutz von Rechtsgütern erforderlich sind, die in der Verfassung selbst verankert und dem Staat und seinen Gliederungen zur Beachtung aufgegeben worden sind. Hierunter fällt die Schutzpflicht zugunsten des Lebens, zu dessen Sicherung § 7 der angegriffenen Verordnung jedenfalls auch erlassen worden ist. Darüber hinaus ergeben sich aus dem allgemeinen Ordnungsbedürfnis des Staates und der Gesellschaft allgemeine Grundrechtsschranken des Art.
4 Abs. 1, 2 GG. Das Menschenbild des Grundgesetzes ist nicht das eines isoliert auf einer Insel lebenden Einzelgeschöpfes, sondern das eines in eine Gemeinschaft hineingeborenen Sozialwesens. Keine der vom Grundgesetz verbürgten Freiheiten und Rechte sind deshalb ohne jegliche Schranke, sei es zugunsten einzelner Mitmenschen, sei es zugunsten der Allgemeinheit. Das gilt auch für Art.
4 Abs. 1 und 2 GG (Maunz-Dürig, Grundgesetz, Komm., Art. 4 RdNr. 150). Eine dem Grundrecht der Glaubens- und Gewissensfreiheit immanente Schranke ist aber auch die verfassungsmäßige Ordnung, die alle diejenigen Schutzgüter umfasst, die durch Vorschriften des allgemeinen Polizei- und Ordnungsrechts gesichert werden, und damit etwa auch Vorschriften des Verkehrs- und des Seuchenpolizeirechts (Maunz-Dürig aaO Art. 4 Anm. 112). Allerdings können, um das Grundrecht aus Art.
4 Abs. 1, 2 GG nicht zu relativieren, Einschränkungen nur in dem Umfang in Betracht kommen, in denen sie zum Schutz entgegenstehender gewichtiger Rechtsgüter erforderlich sind, sofern dabei zugleich der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit strikt eingehalten wird. § 7 der Verordnung dient dem Schutz derartiger gewichtiger Rechtsgüter. Gesundheitsgefahren, die von kranken Tauben, von ihrem Kot und von den Kadavern verendeter Tiere ausgehen, lassen sich unter Berücksichtigung der im Vorfeld des Erlasses der Verordnung durchgeführten Ermittlungen durch das Gesundheitsamt der Antragsgegnerin und das Klinikum der Technischen Universität Braunschweig nicht ausschließen. Beeinträchtigungen von Gebäuden durch Taubenkot können, wenn die Tiere massiert auftreten, erheblich sein. Aber auch die Einschränkung der Verschmutzungen von Gehwegen durch Taubenkot und damit einhergehende Gefahren für ältere Personen ebenso wie für Kleinkinder ist ein Rechtsgut, das die Begrenzung von Betätigungen, die auf Art.
4 Abs. 1, 2 GG gestützt werden, rechtfertigt. Dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit hat die Antragsgegnerin einmal dadurch Rechnung getragen, dass sie das Fütterungsverbot nicht generell und räumlich unbegrenzt, sondern nur für öffentliche Straßen, Plätze und Anlagen ausgesprochen hat, ferner dass sie solche Fälle nicht im Wege eines Bußgeldverfahrens verfolgt, in denen nur im Einzelfall und in geringem Umfang Futter an den genannten Stellen ausgestreut wird. Schließlich ist zu beachten, dass § 10 der Verordnung ausdrücklich die Möglichkeit vorsieht, im Einzelfall Ausnahmen auch vom Fütterungsverbot des § 7 zuzulassen, womit nicht vorhergesehenen Situationen - sollten sie eintreten - Rechnung getragen werden kann.
Der Antrag bleibt danach ohne Erfolg.