Nutzungsausschlüsse nur bei schlüssigem Plankonzept
VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 28.01.2005 - Az.: 8 S 2831/03
Leitsätze:
1. Der bauplanerische Ausschluss einzelner Nutzungsarten ist nur dann städtebaulich gerechtfertigt, wenn er anhand eines schlüssigen Plankonzepts auf seine Eignung, Erforderlichkeit und Angemessenheit überprüft werden kann.
(amtlicher Leitsatz)2. Daran fehlt es, wenn für die Differenzierung zwischen ausgeschlossenen und zugelassenen Nutzungsarten keine nachvollziehbaren städtebaulichen Gründe erkennbar sind (hier: Ausschluss des Einzelhandels zur "Aufwertung" des Gewerbegebiets bei gleichzeitiger Zulassung von Vergnügungsstätten (u. a. Spielhallen), Tankstellen und Kfz-Handel; im Anschluss an Urteil des Senats v. 23.8.2001 -
8 S 1119/01 -,
VBlBW 2002, 74).
(amtlicher Leitsatz)
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Volltext
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 12. November 2002 -
13 K 4577/01 - wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in allen Rechtszügen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Baugenehmigung für die Errichtung eines Lebensmittelmarktes mit Pkw-Stellplätzen auf ihrem Grundstück ... in Stuttgart-Möhringen.
Der am 12.6.1997 als Satzung beschlossene ursprüngliche Bebauungsplan "...-Ost/Anschluss an die B 27 (Mö 176-1998/8)" hatte für den Bereich dieses Grundstücks ein Gewerbegebiet festgesetzt, in dem Gewerbebetriebe aller Art zulässig waren mit Ausnahme von Lagerhäusern und selbständigen Lagerplätzen, Tankstellen sowie Anlagen für sportliche Zwecke. Am 17.11.1998 beantragte die Klägerin die Erteilung einer Genehmigung für die Errichtung eines Lebensmittelmarktes mit einer Verkaufsfläche von 699 m² sowie für die Herstellung von 140 Pkw-Stellplätzen. Am 9.3.1999 beschloss der Technische Ausschuss der Beklagten die Aufstellung des Änderungsbebauungsplans "...-Ost,... (Mö 195)". Als Grund für den Aufstellungsbeschluss wird angegeben, dass der beantragte Lebensmittelmarkt an diesem hochwertigen Gewerbestandort aus stadtplanerischen und städtebaulichen Gründen nicht erwünscht sei. Dort solle vielmehr eine höherwertige gewerbliche Nutzung (Büros/Dienstleistung) zum Tragen kommen; Einzelhandelsmärkte wie der beantragte sollten künftig nicht mehr zulässig sein. Mit Bescheid vom 26.3.1999 wurde die Entscheidung über den Bauantrag der Klägerin gemäß §
15 BauGB bis 17.2.2000 zurückgestellt. Am 11.2.2000 beschloss der Gemeinderat der Beklagten für das Grundstück Flst.-Nr. 7130/6 der Klägerin eine Veränderungssperre, die am 18.2.2000 in Kraft trat. Daraufhin lehnte die Beklagte den Bauantrag mit Bescheid vom 18.2.2000 ab. Über den Widerspruch der Klägerin ist bis heute nicht entschieden.
Im Verfahren der vereinfachten Änderung nach §
3 Abs. 3 S. 3 i.V.m. §
13 Nr. 2 BauGB lag der Entwurf zur Planänderung vom 24.8.2000 in der Zeit vom 27.10.2000 bis 16.11.2000 zur öffentlichen Einsichtnahme aus. Am 1.2.2001 beschloss der Gemeinderat der Beklagten die Änderung als Satzung; die amtliche Begründung deckt sich mit der Begründung des Aufstellungsbeschlusses. Der Änderungsbebauungsplan behält die Ausweisung als Gewerbegebiet bei. Im Teilbereich GE 1 (mit dem Grundstück der Klägerin) sind künftig jedoch Anlagen und Betriebe nach §
8 Abs. 2 BauNVO mit Ausnahme von Einzelhandelsbetrieben, Lagerhäusern und selbständigen Lagerplätzen, Tankstellen sowie Anlagen für sportliche Zwecke zulässig. Ausnahmsweise können neben Wohnungen (unter bestimmten Voraussetzungen) und Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale und gesundheitliche Zwecke auch Vergnügungsstätten, Einzelhandelsbetriebe nur zur Versorgung des Gewerbegebietes ...-Ost mit Lebensmitteln und Drogeriewaren und Betriebe des Kraftfahrzeughandels zugelassen werden. Im Teilbereich GE2 sind außerdem allgemein zulässig Tankstellen sowie - ausnahmsweise - Erneuerungen der bestehenden Anlagen für sonstigen Einzelhandel in Zusammenhang mit der Tankstelle s straße 7 - Tankstellenshop.
Am 22.11.2001 hat die Klägerin beim Verwaltungsgericht Stuttgart Untätigkeitsklage mit dem Antrag erhoben, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 18.2.2000 zu verpflichten, ihr die Baugenehmigung für die Einrichtung eines Lebensmittelmarktes und die Errichtung von 140 Pkw-Stellplätzen auf dem Grundstück ... nach Maßgabe des Bauantrags vom 17.11.1998 zu erteilen. Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.
Mit Urteil vom 12.11.2002 -
13 K 4577/01 - hat das Verwaltungsgericht Stuttgart die Beklagte zur Erteilung der beantragten Baugenehmigung verpflichtet. Zur Begründung hat es ausgeführt: Der Änderungsbebauungsplan sei unwirksam. Die Beklagte habe weder eine ordnungsgemäße individuelle Betroffenheitsbeteiligung (§
13 Nr. 2 BauGB), noch - wahlweise - eine fehlerfreie öffentliche Auslegung gemäß §
3 Abs. 2 BauGB durchgeführt. An einer ordnungsgemäßen öffentlichen Auslegung fehle es, weil die Mindestfrist von einer Woche zwischen öffentlicher Bekanntmachung und Beginn der Auslegung nicht eingehalten worden sei; außerdem hätten die Pläne lediglich drei Wochen und nicht wie nach §
3 Abs. 2 S. 1 BauGB erforderlich auf die Dauer eines Monats öffentlich ausgelegen. Auf der Grundlage des ursprünglichen Bebauungsplans sei das Vorhaben jedoch zulässig. Bei einer Verkaufsfläche von 699 m² liege insbesondere kein großflächiger Einzelhandelsbetrieb im Sinne des §
11 Abs. 3 BauNVO vor.
Die Beklagte hat den vom Verwaltungsgericht festgestellten Mangel der öffentlichen Auslegung im Verfahren nach §
215a BauGB behoben und den am 23.1.2003 beschlossenen Bebauungsplan mit Rückwirkung zum 8.2.2001 (Tag der Bekanntmachung des verfahrensfehlerhaften Bebauungsplans) in Kraft gesetzt. In der Begründung wird wiederum hervorgehoben, dass der beantragte Lebensmittelmarkt "an diesem hochwertigen Gewerbestandort aus stadtplanerischen und städtebaulichen Gründen nicht erwünscht" sei. Vielmehr solle hier eine höherwertige gewerbliche Nutzung (z.B. Büro oder Dienstleistungen) zum Tragen kommen. Für den Gemeinderat war in der Sitzung vom 23.1.2003 die "gewerbliche und dienstleistungsmäßige Aufwertung des Viertels" maßgebend; es gehe um die Schaffung eines "hochwertigen Gewerbegebiets mit arbeitsplatzintensiven Nutzungen".
Mit Beschluss vom 18.3.2003 hat der Senat auf Antrag der Beklagten die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts unter Hinweis darauf zugelassen, dass die Beklagte zwischenzeitlich die vom Verwaltungsgericht genannten Mängel bei der öffentlichen Bekanntmachung der Planauslegung nach §
3 Abs. 2 BauGB in einem ergänzenden Verfahren nach §
215a BauGB behoben habe.
Mit Beschluss gemäß §
130a VwGO vom 15.7.2003 hat der Senat das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 12.11.2002 geändert und die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat er ausgeführt: Die Klägerin könne sich nicht auf eine Verletzung des § 34 Abs. 1 GemO berufen. Das darin enthaltene Gebot der rechtzeitigen Mitteilung der Verhandlungsgegenstände diene nur den Interessen der Mitglieder des Gremiums. Stimmten diese ab, ohne die Rechtzeitigkeit der ihnen zugeleiteten Informationen über den Verhandlungsgegenstand zu beanstanden, liege darin im Übrigen auch der Verzicht auf eine längere Vorbereitungsfrist. Das gelte selbst dann, wenn - wie hier - nicht alle Gemeinderäte erschienen seien. Es gebe auch keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass ein Gemeinderat gerade wegen der von ihm als zu kurz empfundenen Vorbereitungszeit der Sitzung ferngeblieben sei. Der Bebauungsplan sei auch ordnungsgemäß in Kraft gesetzt worden. Nach dem eindeutigen Wortlaut des §
10 Abs. 3 Satz 4 BauGB trete der Bebauungsplan mit der Bekanntmachung in Kraft. Bei einer Veröffentlichung im Amtsblatt werde er demnach an dessen Erscheinungstag - hier dem 8.2.2001 - wirksam und nicht erst am darauf folgenden Tag. Im Übrigen wäre die fehlerhafte Angabe des Wirksamkeitszeitpunkts auch unschädlich, weil der Plan dann jedenfalls rückwirkend am 9.2.2001 wirksam geworden wäre. Auch inhaltlich sei der Änderungsbebauungsplan nicht zu beanstanden. Es könne offen bleiben, ob die ausnahmsweise Zulassung von nur der Gebietsversorgung dienenden Lebensmittelmärkten unwirksam sei. In diesem Falle wäre nicht nur der Gebietsbezug, sondern die gesamte Ausnahmeregelung unwirksam. Ansonsten verblieben nicht dem Willen des Gemeinderats entsprechende, in sich widersprüchliche Festsetzungen, nämlich der Ausschluss des Einzelhandels einerseits und dessen ausnahmsweise Zulässigkeit (ohne Gebietsbezug) andererseits. Die Unwirksamkeit der Ausnahmeregelung insgesamt habe aber nicht die Unwirksamkeit des gesamten Bebauungsplans zur Folge. Es handele sich insoweit um eine Randregelung, die gewissen Bedürfnissen nach gebietsnaher Versorgung Rechnung tragen solle. Demgegenüber diene der Einzelhandelsausschluss selbst der Schaffung eines "hochwertigen Gewerbegebiets" und damit dem zentralen städtebaulichen Ziel der Änderungsplanung. Ausweislich der Unterlagen zur Sitzung des Gemeinderats vom 23.1.2003 sei es diesem vor allem darum gegangen, die gewerbliche und dienstleistungsmäßige Aufwertung des Viertels und die Schaffung eines "hochwertigen Gewerbegebietes" mit arbeitsplatzintensiven Nutzungen zu gewährleisten. Auch der von der Klägerin geltend gemachte Abwägungsmangel liege nicht vor. Es sei nicht erkennbar, weshalb wegen der Festsetzungen des Bebauungsplans das oben genannte städtebauliche Ziel verfehlt werden sollte. Insbesondere spreche die Zulässigkeit des produzierenden Gewerbes nicht hiergegen. Auch höherwertige Nutzungen könnten Fertigungselemente umfassen oder im Einzelfall ganz darauf ausgerichtet sein. Abgesehen davon habe es die Beklagte mit dem Instrumentarium des §
15 BauNVO in der Hand, mit dem Gebietscharakter nicht vereinbare Ansiedlungen zu verhindern; das gelte auch hinsichtlich der ausnahmsweise zulässigen Vergnügungsstätten.
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin hat das Bundesverwaltungsgericht diesen Beschluss des Senats als verfahrensfehlerhaft aufgehoben und die Sache mit Beschluss vom 26.11.2003 - 4 B 89.03 zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof zurückverwiesen.
Nachdem die Firma Mc Donald´s GmbH den Neubau eines Restaurants mit PKW-Stellplätzen auf dem Baugrundstück beantragt hatte, hat der Technische Ausschuss der Beklagten am 18.5.2004 die Aufstellung eines erneuten Änderungsbebauungsplans "... II im Stadtbezirk Möhringen (Mö 214)" beschlossen. Zur Begründung heißt es zum einen, die Zufahrt zum Gewerbegebiet werde künftig durch ein zunehmendes Verkehrsaufkommen überlastet, so dass durch eine Verbreiterung der ...straße und einen Kreisverkehr an der Kreuzung .../...straße eine zügige Ein- und Ausfahrt ermöglicht werden solle. Mit Blick auf den Bauantrag der Firma Mc Donald´s sei der Technische Ausschuss in der Sitzung am 30.3.2004 zum Ergebnis gelangt, dass ein lediglich eingeschossiges Gebäude an der ...- und ...straße den städtebaulichen Zielen an dieser "Torsituation zu Stuttgart und dem aufzuwertenden Gewerbegebiet" widerspreche. Um die städtebauliche Dominanz dieses wertvollen Gewerbegebiets zu unterstützen, solle die Bebauung an der ...straße mindestens dreigeschossig erfolgen. Mit Bescheid vom 28.5.2004 wurde der Bauantrag der Firma Mc Donald`s für 12 Monate zurückgestellt. Am 30.9.2004 hat der Gemeinderat der Beklagten die Satzung über die Veränderungssperre für das Grundstück FlstNr. 7130/6, ... (Baugrundstück) beschlossen, um die planerische Absicht einer mindestens dreigeschossigen Bebauung zu sichern; die Veränderungssperre wurde im Amtsblatt vom 7.10.2004 bekannt gemacht. Sie ist am 8.10.2004 in Kraft getreten.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 12. November 2002 -
13 K 4577/01 - zu ändern und die Klage abzuweisen.
Sie trägt unter Bezugnahme auf ihr erstinstanzliches Vorbringen im Wesentlichen vor: Die ausnahmsweise Zulassung von der Versorgung des Gewerbegebiets dienenden Einzelhandelsbetrieben sei zulässig. Die Ausnahmeregelung sei trotz ihres Gebietsbezugs hinreichend typisiert, zumal eine solche Differenzierung auch im Wege einer nicht dem Typenzwang unterliegenden Ausnahme nach §
31 Abs. 1 BauGB erreicht werden könnte. Davon abgesehen sei der Ausschluss des Einzelhandels auch ohne diese gebietsbezogene Ausnahmegewährung gewollt. Dadurch entstehe kein Versorgungsengpass, weil die Tankstelle s straße 7 mit ihrem Tankstellenshop nach den planerischen Festsetzungen erhalten und erneuert werden könne. Demgegenüber sei es dem Gemeinderat in seiner Sitzung vom 23.1.2003 vor allem darum gegangen, die gewerbliche und dienstleistungsmäßige Aufwertung des Viertels und die Schaffung eines hochwertigen Gewerbegebiets mit arbeitsintensiven Nutzungen zu gewährleisten. Zur Förderung des Planungsziels einer - im Gewerbegebiet ...-Ost weitgehend schon vorhandenen - höherwertigen Nutzung sei es auch nicht notwendig gewesen, neben dem Einzelhandel noch das produzierende Gewerbe auszuschließen, zumal es durchaus "höherwertige" Produktion gebe wie etwa die Anfertigung von Mustern im IT-Bereich, der Nanotechnik und der Biotechnologie. Zudem könne angesichts der im Plangebiet üblichen extrem hohen Bodenpreise erwartet werden, dass sich auch künftig keine "normalen", nicht höherwertigen Produktionsbetriebe ansiedelten. Zur Realisierung des Planziels sei es nicht erforderlich gewesen, einen umfassenden Nutzungsausschluss zu normieren, der jede nur denkbare Fallkonstellation erfasse. Schließlich könne eine mit dem Planziel nicht vereinbare „minderwertige“ Nutzung mit dem Instrumentarium des §
15 BauNVO verhindert werden. Die Gebietsprägung stehe dem nicht entgegen. Die derzeitige Gebietsnutzung gestalte sich wie folgt: Auf dem Grundstück ... befinde sich das Bürogebäude der Firma ... - Brenner und Heizungssysteme (keine Produktion). Auf dem Grundstück ... befinde sich das Autohaus ... sowie auf dem Grundstück ... die Firma ... (Innenausbau) und das Autohaus ... Auf dem Baugrundstück (...) befinde sich derzeit noch die Firma Debeo; der Abbruch des dortigen Büro- und Lagergebäudes mit einer Wohnung sei am 30.4.1999 genehmigt worden. Die Verpflichtungsklage müsse jedenfalls aufgrund der nunmehr erlassenen Veränderungssperre erfolglos bleiben. Die in §
17 BauGB normierten zeitlichen Grenzen seien nicht überschritten; insbesondere könne die Dauer des gerichtlichen Verfahrens nicht als faktische Bausperre angerechnet werden.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen, hilfsweise festzustellen, dass ihr bis zum Inkrafttreten der Veränderungssperre am 8. Oktober 2004 ein Anspruch auf Erteilung der Baugenehmigung für die Errichtung eines Lebensmittelmarktes und die Errichtung von 140 Stellplätzen auf dem Grundstück ... nach Maßgabe des Bauantrags vom 17. November 1998 zustand.
Sie erwidert unter anderem: Auch der rückwirkend in Kraft gesetzte Änderungsbebauungsplan sei verfahrensfehlerhaft zustande gekommen. Die während der öffentlichen Auslegung vom 13.12.2002 bis 13.1.2003 vorgebrachten Anregungen seien in der Gemeinderatssitzung vom 23.1.2003, in der der Satzungsbeschluss zum Änderungsbebauungsplan und seine rückwirkende Inkraftsetzung beschlossen worden sei, lediglich als Tischvorlage - und damit nicht mehr in angemessener Frist im Sinne des § 34 Abs. 1 GemO - nachgeschoben worden. Außerdem sei der Änderungsbebauungsplan auch nicht ordnungsgemäß in Kraft gesetzt worden. Er sei rückwirkend auf den 8.2.2001 in Kraft gesetzt worden, obwohl der Bekanntmachungsvorgang erst mit Ablauf dieses Tages abgeschlossen gewesen sei. Inhaltlich sei die Einschränkung der Ausnahme auf Einzelhandelsbetriebe nur zur Versorgung des Gewerbegebiets ...-Ost unwirksam, weil sie die Zulässigkeit von Einzelhandelsbetrieben nicht - wie geboten - an abstrakt typisierende Merkmale, sondern an die Deckung des Bedarfs eines bestimmten Gewerbegebiets knüpfe. In der wirtschaftlichen und sozialen Realität gebe es auch keinen Typus von Einzelhandelsbetrieben, die nur der Versorgung der Beschäftigten in einem bestimmten Gewerbegebiet mit Lebensmitteln und Drogeriewaren für ihren Haushalt oder während ihrer Tätigkeit im Gewerbegebiet dienten. Es treffe nicht zu, dass das Ziel der Ausnahmeregelung losgelöst vom Typenzwang durch eine Anwendung des §
31 Abs. 1 BauGB erreicht werden könne. Diese Vorschrift gewähre der Gemeinde keinen über §
1 Abs. 5 und 9 BauNVO hinausgehenden Spielraum bei der planerischen Zulassung von Ausnahmen nach der Art der Nutzung. Die Unvereinbarkeit des Gebietsbezugs mit dem Typenzwang habe zum einen die Unwirksamkeit der gesamten Ausnahmeregelung nach Ziff. 2.4. (GE 1) der textlichen Festsetzungen zur Folge. Ansonsten wären nämlich Einzelhandelsbetriebe mit Lebensmitteln und Drogeriewaren - und damit das hier beantragte Vorhaben - als Ausnahme zulässig. Dieses Ergebnis widerspräche jedoch dem Willen des Satzungsgebers, der mit der Änderungsplanung gerade ihr Vorhaben habe verhindern wollen. Auf der anderen Seite erfasse die Unwirksamkeit der genannten Ausnahmeregelung jedoch auch den Einzelhandelsausschluss. Die Gebietsversorgung sei nicht lediglich eine Randregelung gewesen. Im Rahmen des Erörterungstermins sei nämlich von den anwesenden Bürgern zu Gunsten der Ansiedlung eines Einzelhandelsmarktes vorgebracht worden, dass 3.000 Beschäftigte im Gewerbegebiet ...-Ost eine fußläufig erreichbare Einkaufsmöglichkeit benötigten, weil die derzeit vorhandene Bäckerei und der Tankstellenshop zur Bedarfsdeckung nicht ausreichten. Im Übrigen sei der Bebauungsplan auch abwägungsfehlerhaft, weil Planungswille und Planungsergebnis auseinander fielen. Der Bebauungsplan enthalte keine Beschränkung auf "höherwertige" Nutzungen; zulässig seien unter anderem Schank- und Speisewirtschaften wie etwa Fast-Food-Restaurants, Tankstellen und Vergnügungsstätten (z.B. Spielhallen). Gerade letztere führten selbst in Innenstädten zur Verdrängung höherwertiger Nutzungen ("Trading-Down-Effekt"). Die zugelassenen Ausnahmen nicht hochwertiger Gewerbebetriebe (Tankstellen, Einzelhandel, Vergnügungsstätten) widersprächen dem Planungsziel. Die von der Beklagten genannten hochwertigen Produktionsbetriebe beträfen nur ein ganz enges Segment. Es handele sich um Großbetriebe mit entsprechendem Flächenbedarf, der im Plangebiet mit seiner eher kleinteiligen Struktur auf keinem der Baugrundstücke gedeckt werden könne. Die angeblich hohen Bodenpreise hinderten die Ansiedlung von Betrieben "minderen Niveaus" nicht. Gerade für die Ansiedlung von Vergnügungsstätten oder Fast-Food-Restaurants könnten wegen der zu erzielenden hohen Erträge auch hohe Bodenpreise verlangt werden, während Betriebe aus der IT-Branche, der Nanotechnik und der Biotechnologie wegen der hohen Investitionen eher auf eine Subventionierung des Bodenpreises angewiesen seien. Schließlich sei auch über §
15 Abs. 1 BauNVO keine Feinsteuerung im Sinne des planerischen Zieles möglich. Der Bebauungsplan erfasse nur ein relativ kleines Plangebiet mit sechs Baugrundstücken, das durch Gewerbebetriebe herkömmlicher Art geprägt sei. Auf dem Grundstück ... befinde sich im Wesentlichen das Auslieferungslager der Niederlassung der Firma ... GmbH einschließlich der dazugehörigen Verwaltung, also keine hochwertige Büro- oder Dienstleistungsnutzung. Ebenfalls nicht den hochwertigen Nutzungen zuzuordnen sei das der Branche des Kraftfahrzeughandels zugehörige Autohaus ... Ähnliches gelte für das Grundstück ... mit der als „Werkstatt“ genehmigten Firma ..., die Teile für den Innenausbau produziere, sowie für die - im GE2 allgemein zulässige - Tankstelle auf dem Grundstück ... Auf dem Grundstück Flst.-Nr. 7200/3 befänden sich schließlich Stellplätze, die dort nach dem Bebauungsplan auch künftig ausschließlich zulässig seien. Insgesamt werde das Plangebiet daher durch Produktionsbetriebe, Autohäuser und Tankstellen, und damit gerade nicht durch eine höherwertige, sondern durch eine für Gewerbegebiete herkömmlicher Art typische Nutzung geprägt. Zu einer solchen Gebietsprägung stünde die Ansiedlung einer - ausnahmsweise zulässigen - Vergnügungsstätte oder eines - allgemein zulässigen - Fast-Food-Restaurants nicht in Widerspruch. Denkbar seien auch weitere Produktionsbetriebe, wie sie heute auf dem Grundstück ... in der Form der Werkstatt für den Innenausbau bestünden. Ihrem Vorhaben könne schließlich mehr als sechs Jahre nach Einreichung des Bauantrags auch nicht die erneute Veränderungssperre vom Oktober 2004 entgegen gehalten werden, weil die in §
17 BauGB normierten zeitlichen Grenzen überschritten seien. Insbesondere sei die Dauer des gerichtlichen Verfahrens als faktische Bausperre anzurechnen, weil die Pflicht zur Erteilung der Baugenehmigung auch während dieser Zeit fortbestehe. Für den Fall der Gültigkeit der erneuten Veränderungssperre sei jedenfalls dem Hilfsantrag stattzugeben. Sie beabsichtige dann, Amtshaftungsansprüche sowie Ansprüche aus enteignungsgleichem Eingriff gegen die Beklagte geltend zu machen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze und die dem Senat vorliegenden Akten des Verwaltungsgerichts Stuttgart und der Beklagten verwiesen.
Gründe
Die Berufung der Beklagten ist nach Zulassung durch den Senat statthaft. Sie ist auch sonst zulässig. Das Baugesuch der Firma Mc Donald´s hat das Rechtsschutzinteresse für die Klage nicht entfallen lassen, weil die Klägerin, die Eigentümerin des Baugrundstücks ist, im Falle eines Erfolgs im vorliegenden Verfahren nach wie vor den Lebensmittelmarkt errichten will. Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Nach der maßgeblichen Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung am 27.1.2005 hat das Verwaltungsgericht die Beklagte zu Recht verpflichtet, der Klägerin die Baugenehmigung zur Errichtung eines Lebensmittelmarktes mit 140 Stellplätzen auf dem Grundstück ... nach Maßgabe des Bauantrags vom 17.11.1998 zu erteilen. Der im Änderungsbebauungsplan "...-Ost/H-/S straße (Mö 195)" festgesetzte Ausschluss von Einzelhandelsbetrieben und die Veränderungssperre vom 8.10.2004 stehen dem Vorhaben nicht entgegen, weil sie unwirksam sind.
I. Der im Änderungsbebauungsplan festgesetzte Einzelhandelsausschluss kann dem Vorhaben nicht entgegen gehalten werden.
1. Dies folgt entgegen der Auffassung der Klägerin allerdings nicht aus einer formellen Unwirksamkeit des in Rede stehenden Änderungsbebauungsplans. Der Senat hält insoweit in vollem Umfang an seiner im Beschluss vom 15.7.2003 -
8 S 630/03 - dargelegten Auffassung fest, so dass hierauf verwiesen werden kann. Auch kann dahingestellt bleiben, ob der Einzelhandelsausschluss mit Blick darauf unwirksam ist, dass die auf eine konkrete Bedarfsdeckung bezogene Ausnahmeregelung nach Ziff. 2.4. (GE 1) dem Typenzwang und damit §
1 Abs. 9 BauGB widerspricht (so VGH Bad.-Württ., Urt. v. 3.11.2003 -
3 S 439/03 -, juris S. 5 f.), und der Satzungsgeber für diesen Fall einen Ausschluss des Einzelhandels im Interesse der Versorgung des Gebiets nicht gewollt hätte, wie die Klägerin meint. Denn jedenfalls verletzt der Einzelhandelsausschluss für sich genommen §
1 Abs. 5 BauGB und das Gebot der Verhältnismäßigkeit.
2. Gemäß §
1 Abs. 5 BauNVO kann im Bebauungsplan festgesetzt werden, dass bestimmte Arten von Nutzungen, die nach den §§ 2, 4 bis 9 und 13 allgemein zulässig sind, nicht zulässig sind. Zu den Arten von Nutzungen, die auf diese Weise ausgeschlossen werden können, gehören auch im Gewerbegebiet sonst allgemein zulässige Einzelhandelsbetriebe (vgl. BVerwG, Beschl. v. 11.5.1999 -
4 BN 15.99 -,
NVwZ 99, 1338 = PBauE §
1 Abs. 5 BauNVO Nr. 6 m.w.N.). Ein solcher Ausschluss steht aber nicht im planerischen Belieben der Gemeinde, sondern kommt nur dann in Betracht, wenn städtebauliche Gründe ihn rechtfertigen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 25.4.2002 -
4 BN 20.02 -; Beschl. v. 11.5.1999,
a.a.O.; Beschl. v. 22.5.1987 - 4 N 4.86 -, BVerwGE 77, 308 = PBauE §
47 Abs. 1 VwGO Nr. 1). Daran fehlt es etwa dann, wenn der Nutzungsausschluss nicht geeignet ist, die Plankonzeption der Gemeinde umzusetzen (eingehend dazu Brügelmann, BauGB, Bd. 1, § 1 Rn. 235 ff. m.w.N.), oder wenn eine positive planerische Konzeption nur vorgeschoben wird, um in Wahrheit allein private Interessen zu befriedigen (vgl. Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. 1 § 1 Rn. 34 m.w.N.) oder eine auf bloße Verhinderung gerichtete Planung zu verdecken (vgl. BVerwG, Beschl. v. 11.5.1999,
a.a.O.; Urt. v. 14.7.1972 - IV C 8.70 -, BVerwGE 40, 258, 262 f.= PBauE §
1 Abs. 3 BauGB Nr. 1). Darüber hinaus fehlt es an der städtebaulichen Rechtfertigung auch dann, wenn die Festsetzungen des Bebauungsplans kein schlüssiges Plankonzept erkennen lassen, das eine Überprüfung des Nutzungsausschlusses auf seine Eignung, Erforderlichkeit und Angemessenheit erlaubt (vgl. Urt. des Senats v. 23.8.2001 -
8 S 1119/01 -, VBlBW 2002, 741 = PBauE §
1 Abs. 9 BauNVO Nr. 12; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 30.5.1994 -
5 S 2839/93 -, BRS 56 Nr. 1; zur Unverhältnismäßigkeit einer konzeptionslosen Planung vgl. Brügelmann, a.a.O., § 1 Rn. 237 m.w.N.). Hier deutet manches darauf hin, dass der Einzelhandelsausschluss jedenfalls nicht in erster Linie eine "Aufwertung" des Gewerbegebietes bezweckt, sondern vor allem dazu dient, das von der Klägerin beantragte Vorhaben zu verhindern. Denn jedenfalls zu Beginn der Planung stand im Vordergrund der Schutz des nahe gelegenen Einzelhandelsstandortes "Europaplatz" (vgl. Äußerungen im Technischen Ausschuss in der Sitzung v. 9.3.1999 anlässlich des ersten Aufstellungsbeschlusses und Äußerungen anlässlich der Bürgerbeteiligung am 15.4.1999). Dies braucht jedoch nicht abschließend geklärt zu werden. Jedenfalls liegt hier der oben genannte Fall konzeptionsloser Planung vor, weil die vom Änderungsbebauungsplan getroffene Differenzierung zwischen dem Ausschluss des Einzelhandels einerseits und der - ausnahmsweisen oder generellen - Zulassung sonstiger Nutzungen andererseits gemessen am Planziel der Freihaltung des Plangebiets für eine "hochwertige arbeitsplatzintensive gewerbliche Nutzung" vor allem im Bereich "Büro und Dienstleistung" nicht nachvollziehbar ist.
a) Allerdings wird die Schlüssigkeit und Eignung der Planung nicht schon dadurch in Frage gestellt, dass neben dem Einzelhandel nicht weitere Nutzungsarten ausgeschlossen wurden. Die Klägerin meint insoweit, das Planziel einer "Aufwertung" des Gewerbegebiets hätte insbesondere noch den Ausschluss des produzierenden Gewerbes und von Schank- und Speisewirtschaften erfordert. Zumindest für den Bereich des produzierenden Gewerbes ist bereits fraglich, ob überhaupt ein Zielwiderspruch besteht. Produktion kann arbeitsintensiver als Dienstleistung und überdies auch "hochwertig" sein, wie der Senat bereits im Beschluss vom 15.7.2003 ausgeführt hat. Dies bedarf indes keiner weiteren Erörterung. Denn die Klägerin lässt außer Acht, dass ein Bebauungsplan nicht schon deshalb konzeptionslos oder ungeeignet ist, weil nicht sogleich umfassend alle Nutzungen ausgeschlossen wurden, die möglicherweise irgendwann einmal dem Planziel widersprechen könnten. Es genügt, wenn diejenigen Nutzungen erfasst sind, für deren Realisierung in absehbarer Zeit eine gewisse Wahrscheinlichkeit spricht, etwa weil es - wie hier hinsichtlich des Einzelhandels - konkrete Anfragen gibt. Der Einzelhandelsausschluss ist jedoch deshalb städtebaulich nicht gerechtfertigt, weil das hierfür angegebene Planziel einer "Aufwertung" des Gewerbegebiets wegen der im Bebauungsplan "positiv" zugelassenen Nutzungen völlig nichtssagend ist und keine Prüfung der Verhältnismäßigkeit zulässt.
b) Relevant sind folgende durch Bebauungsplan zugelassene Nutzungen: Ausnahmsweise zulässig sind gem. Ziff. 3.2 (GE 1) Vergnügungseinrichtungen. Der Änderungsbebauungsplan verweist insoweit auf den - weiter geltenden - Bebauungsplan "Vergnügungseinrichtungen und andere im Stadtbezirk Möhringen (1989/17)". Nach dem zuletzt genannten Bebauungsplan unterfällt das Plangebiet der Kategorie IV (Sicherung der Flächen für Arbeitsstätten). In diesem Gebiet sind gem. § 3 Abs. 1 der textlichen Festsetzungen Vergnügungseinrichtungen der Kategorie A zulässig. Es handelt sich insoweit gem. § 2 Abs. 1 Nr. 1 dieses Bebauungsplans um Vergnügungseinrichtungen mit kulturellem, künstlerischem und sportlichem Angebot wie Theater, Variete, Kabarett, Lichtspieltheater, Kegel- und Bowlingbahnen. Gemäß § 3 Abs. 2 der textlichen Festsetzungen können in Gebieten der Kategorie IV ausnahmsweise auch Vergnügungseinrichtungen der Kategorie B zugelassen werden, wenn die Eigenart der näheren Umgebung erhalten bleibt. Gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 2 dieses Bebauungsplans handelt es sich hierbei u.a. um Tanzlokale, Diskotheken und Spielhallen. Gemäß Ziff. 2.4 und 2.5 (GE 1) des Änderungsbebauungsplans sind außerdem - als Ausnahme vom allgemeinen Einzelhandelsausschluss (vgl. §
1 Abs. 9 BauGB) - ausnahmsweise zulässig Einzelhandelsbetriebe nur zur Versorgung des Gewerbegebiets ...Ost mit Lebensmitteln und Drogeriewaren sowie der Kraftfahrzeughandel. Im Teilbereich GE 2 sind - im Unterschied zum Bereich GE 1 - auch Tankstellen allgemein zulässig sowie ausnahmsweise eine "Erneuerung" des bestehenden Tankstellenshops.
Zwar mag die ausnahmsweise Zulassung von Einzelhandelsbetrieben des Lebensmittelhandels zur Gebietsversorgung und einer "Erneuerung" des Tankstellenshops noch plausibel sein, weil es insoweit nicht um eine "Aufwertung" des Gewerbegebiets, sondern um die Deckung eines konkreten Versorgungsbedarfs geht. Nicht mehr nachvollziehbar ist jedoch mit Blick auf das genannte planerische Ziel, weshalb Betriebe des Kraftfahrzeughandels als "Untergruppe" des Einzelhandels ausnahmsweise zulässig sein sollen, nicht dagegen sonstige Einzelhandelsbetriebe wie etwa der von der Klägerin beantragte Lebensmittelmarkt. Denn es dürfte zahlreiche Betriebe des Einzelhandels geben, die auf einer kleineren Fläche mehr Arbeitsplätze schaffen als ein Kraftfahrzeughandel, ohne in ihrer "Wertigkeit" diesem gegenüber zurückzustehen. Möglicherweise wollte die Beklagte den vorhandenen Betrieb des Kraftfahrzeughandels in seiner Entwicklung sichern. Zu diesem Zweck hätte jedoch eine Festsetzung nach §
1 Abs. 10 BauNVO ausgereicht. Mit der Ausnahmeregelung wird jedoch die Möglichkeit geschaffen, dass sich ein weiterer Betrieb des Kraftfahrzeughandels ansiedelt. Es ist auch nicht erkennbar, dass eine solche Häufung von Betrieben des Kraftfahrzeughandels der Eigenart des Gewerbegebiets widerspräche. Dasselbe gilt mit Blick auf die Zulässigkeit von Tankstellen im Teilbereich GE 2. Auch insoweit hätte zur Sicherung der Entwicklung des vorhandenen Betriebs eine Festsetzung nach §
1 Abs. 10 BauNVO genügt. Statt dessen sind Tankstellen kraft ausdrücklicher planerischer Festsetzung in diesem Bereich allgemein zulässig. Es ist nicht nachvollziehbar, weshalb Tankstellen dem Ziel eines hochwertigen Gewerbegebiets eher entsprechen sollten als Betriebe des Einzelhandels.
Nicht nachvollziehbar ist schließlich mit Blick auf das angegebene Ziel der Freihaltung des Gebiets für hochwertige arbeitsplatzintensive Gewerbebetriebe (Bereich Büro und Dienstleistungen) insbesondere auch, weshalb Vergnügungsstätten ausnahmsweise zulässig, Einzelhandelsbetriebe hingegen ausgeschlossen sind. Sieht man vom Gesichtspunkt der "Arbeitsplatzintensität" einmal ab, mag es zwar noch vertretbar sein, die Vergnügungseinrichtungen der Kategorie A als gegenüber dem Einzelhandel "höherwertige" Betriebe zu begreifen. Dies gilt jedoch nicht für die nach § 3 Abs. 2 der textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans "Vergnügungsstätten" ausnahmsweise zulässigen Vergnügungseinrichtungen der Kategorie B und hier insbesondere nicht für die danach im Plangebiet ausnahmsweise zulässigen Spielhallen. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass solche Betriebe gerade deshalb ausgeschlossen werden können, um einem Attraktivitätsverlust von durch Geschäfte und Dienstleistungsunternehmen geprägten Gebieten vorzubeugen und das vielfältige Angebot an Geschäften zu sichern (vgl. BVerwG, Beschl. v. 22.5.1987 - 4 N 4.86 -, BVerwGE 77, 308 = PBauE §
47 Abs. 1 VwGO Nr. 1; Beschl. v. 21.12.1992 - 4 B 182.92 -, BRS 55 Nr. 42; Beschl. v. 5.1.1995 - 4 B 270.94 -). Auch in der Begründung des Bebauungsplans "Vergnügungseinrichtungen und andere, Möhringen 167" der Beklagten wird darauf verwiesen, dass mit Blick auf nachteilige Auswirkungen auf Geschäftsbereiche durch Verdrängungseffekte gerade auch Spielhallen einer städtebaulichen Steuerung bedürfen. Da es im Plangebiet aber keine Schulen, Jugendhäuser oder Kirchen gibt (vgl. Begründung zum Bebauungsplan "Vergnügungsstätten", S. 6), ist angesichts der tatsächlichen Prägung des Gebiets nicht erkennbar, dass eine Spielhalle hier generell gebietsunverträglich wäre. Es ist nicht schlüssig, dass zur Freihaltung des Plangebiets für eine hochwertige gewerbliche Nutzung zwar Betriebe des Einzelhandels wie der von der Klägerin beantragte Lebensmittelmarkt ausgeschlossen werden, demgegenüber aber ausdrücklich ein Ausnahmetatbestand für Vergnügungseinrichtungen wie etwa Spielhallen geschaffen wird.
c) Nach allem ist nicht erkennbar, dass dem vom Satzungsgeber angegebenen Ziel, das Gebiet für hochwertige arbeitsplatzintensive gewerbliche Nutzung freizuhalten, ein schlüssiges städtebauliches Konzept zugrunde liegt, das es als gerechtfertigt erscheinen lassen könnte, zwar den Einzelhandel auszuschließen, aber Vergnügungseinrichtungen der Kategorie B, den Kraftfahrzeughandel sowie Tankstellen ausnahmsweise oder allgemein zuzulassen. Diese Konzeptionslosigkeit wiegt hier um so schwerer, als es sich um ein kleines Gewerbegebiet mit nur sechs Baugrundstücken handelt. Vor diesem Hintergrund können die Ausnahmetatbestände in ihrer Wirkung auf das angegebene Planziel auch nicht vernachlässigt werden. Im vorliegenden Zusammenhang spielt auch keine Rolle, ob und unter welchen Voraussetzungen Betriebe des Kraftfahrzeughandels, Vergnügungsstätten oder Tankstellen im konkreten Fall tatsächlich realisiert werden könnten. Entscheidend ist, dass der Satzungsgeber selbst durch entsprechende "positive" Festsetzungen dem von ihm angegebenen Planungsziel einer "Aufwertung" des Gewerbegebiets jede Schlüssigkeit und Aussagekraft genommen hat. Im Übrigen kann der Annahme nicht gefolgt werden, dass die nach dem Bebauungsplan ausnahmsweise zulässigen Nutzungen auf der Grundlage des §
15 BauNVO in jedem Fall verhindert werden könnten. Mit der Ausnahmeregelung hat der Satzungsgeber selbst zu erkennen gegeben, dass diese Nutzungen ihrer Art nach im Grundsatz mit dem Gebietscharakter vereinbar sind. Auch nach der tatsächlichen Gebietsprägung kann nicht davon ausgegangen werden, dass solche Vorhaben generell, also unabhängig von ihrer Lage und Größe, der Eigenart des Baugebiets widersprechen würden. Das gilt, wie bereits ausgeführt, auch für Spielhallen.
3. Die Unwirksamkeit des Einzelhandelsausschlusses bedeutet, dass der Lebensmittelmarkt gemäß §
8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO im Gewerbegebiet zulässig ist. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend festgestellt, dass kein großflächiger Einzelhandelsbetrieb im Sinne des §
11 Abs. 3 BauNVO vorliegt, der nur in einem Sondergebiet realisiert werden könnte. Die Verkaufsfläche des Vorhabens liegt mit 699 m² knapp unterhalb des vom Bundesverwaltungsgericht entwickelten Schwellenwertes für die Großflächigkeit von 700 m² (vgl. zuletzt BVerwG, Beschl. vom 22.7.2004 -
4 B 29.04). Großflächigkeit liegt hier auch nicht ausnahmsweise bereits unterhalb von 700 m² Verkaufsfläche vor. Im Gegenteil ist nach der tatsächlichen Entwicklung gerade im Lebensmitteleinzelhandel anzunehmen, dass der Schwellenwert die Untergrenze für die Großflächigkeit darstellt (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urt. vom 13.7.2004 -
5 S 1205/03 -, UA S. 22: durchschnittliche Verkaufsfläche eines Supermarktes im Jahre 2000 bereits 746 m 2 ).
II. Dem Vorhaben der Klägerin steht auch nicht die Veränderungssperre für das Grundstück Flst.Nr. 7130/6, ... (Mö 215) vom Oktober 2004 entgegen.
Es ist fraglich, ob die Veränderungssperre wegen Zeitablaufs der Klägerin gegenüber unwirksam ist, wie diese meint. Dies wäre nur dann der Fall, wenn es sich bei der zweiten Veränderungssperre vom 7.10.2004 nicht um eine selbständige, sondern um eine erneute Sperre im Sinne des §
17 Abs. 3 BauGB handelte und wenn der Zeitraum nach Außerkrafttreten der ersten Veränderungssperre mit Bekanntmachung des Änderungsbebauungsplans am 8.2.2001 (§
17 Abs. 5 BauGB) bis zum Inkrafttreten der erneuten Veränderungssperre in analoger Anwendung des §
17 Abs. 1 Satz 2 BauGB als "rechtswidrige faktische Zurückstellung" des Baugesuchs anzurechnen wäre (vgl. BVerwG, Urt. v. 11.11.1970 - 4 C 79.68 - DVBl. 1971, 468; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 11.2.1993 -
5 S 2471/92 -
VBlBW 1993, 348). Daran bestehen jedenfalls für den Zeitraum seit Beginn des gerichtlichen Verfahrens am 22.11.2001 Zweifel. Zwar wurde die beantragte Baugenehmigung für den Lebensmittelmarkt nach obigen Ausführungen rechtswidrig versagt. Seit Inkrafttreten des Änderungsbebauungsplans am 8.2.2001 ging es jedoch nicht mehr um die Sicherung der Planung, sondern um die Klärung der Rechtmäßigkeit des Einzelhandelsausschlusses und seit Erhebung der Verpflichtungsklage ist die Beklagte auch nicht mehr Herrin des Verfahrens, so dass es an der Grundlage für den Analogieschluss zu §
17 Abs. 1 Satz 2 BauGB - Gefahr einer Umgehung der zeitlichen Grenzen des §
17 BauGB - fehlen dürfte (vgl. Brügelmann, BauGB, Bd. 2, § 17 Rn. 8 m.w.N.; Ernst/ Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. 1, § 17 Rn. 20; BVerwG, Urt. v. 11.11.1970, a.a.O.; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 11.2.1993,
a.a.O.). Dies bedarf jedoch keiner abschließenden Klärung. Denn jedenfalls ist die erneute Veränderungssperre deshalb ungültig, weil die zu sichernden Planungsvorstellungen der Beklagten nicht zu einem wirksamen Bebauungsplan führen können (vgl. Brügelmann, a.a.O., § 14 Rn. 15 m.w.N.). Die auf das Baugrundstück bezogenen planerischen Absichten zielen darauf, den zur "Aufwertung" des Gewerbegebiets getroffenen Einzelhandelsausschluss aus Anlass des Genehmigungsantrags der Firma Mc Donald´s zum Neubau eines Restaurants zur "Unterstützung" der "städtebaulichen Dominanz dieses wertvollen Gewerbegebiets" durch die Festsetzung einer mindestens dreigeschossigen Bebauung zu ergänzen. Wie dargelegt, ist der Einzelhandelsausschluss städtebaulich nicht gerechtfertigt, weil das Planziel, die "Hochwertigkeit" des Gewerbegebiets zu sichern und zu fördern, angesichts der ansonsten zugelassenen Nutzungen nicht plausibel realisierbar ist. Daher kann auch die Festsetzung einer Mindestgeschosszahl mit dem Ziel, die "Hochwertigkeit" des Gewerbegebietes zu unterstützen, ohne eine Änderung des Nutzungskonzepts städtebaulich nicht gerechtfertigt sein. Außerdem würde die hier festzustellende Unwirksamkeit des Einzelhandelsausschlusses wegen des engen konzeptionellen Zusammenhangs auch die geplante Festsetzung einer Mindestgeschosszahl erfassen. Die Beklagte wird aufgrund dieser Entscheidung insgesamt neu zu entscheiden haben, ob und gegebenenfalls auf welche Weise das Ziel einer "Aufwertung" des Gewerbegebiets weiter verfolgt werden soll. Damit ist derzeit auch der Inhalt eines künftigen Bebauungsplans nicht absehbar; auch aus diesem Grund ist für eine Veränderungssperre kein Raum (vgl. Ernst/Zinkahn/Bielenberg, a.a.O., § 14 Rn. 10 und 15 f.; Brügelmann, a.a.O., § 14 Rn. 10 ff.).
Die Kostenentscheidung beruht auf §
154 Abs. 2 VwGO.
Gründe für eine Zulassung der Revision (vgl. §
132 Abs. 2 VwGO) liegen nicht vor.