Inhalt und Grenzen des kommunalen Selbstverwaltungsrechts
BVerfG, Urteil vom 20.03.1952 - Az.: 1 BvR 267/51
Leitsätze:
1. Der Ausgleichsbetrag nach § 14 Abs. 2 des Gesetzes zu Art.
131 GG vom 11. Mai 1951 ist als wirksames Mittel um eine möglichst baldige Unterbringung der verdrängten Angehörigen des öffentliches Dienstes zu sichern, verfassungsrechtlich zulässig. Er stellt auch keine Überbürdung von Kriegsfolgenlasten auf die Gemeinden dar.
(amtlicher Leitsatz)2. Art.
131 GG ermächtigte den Bundesgesetzgeber, den Komplex der Rechtsverhältnisse verdrängter Angehöriger des öffentlichen Dienstes nach eigenem gesetzgeberischem Ermessen konstitutiv zu ordnen und dabei auch die Länder und Gemeinden zur Unterbringung dieser Personen heranzuziehen.
(amtlicher Leitsatz)3. Art.
28 GG gewährleistet das Selbstverwaltungsrecht in dem Sinne, daß Einschränkungen durch den zuständigen Gesetzgeber den Wesensgehalt des Selbstverwaltungsrechts unangetastet lassen müssen. Zuständiger Gesetzgeber ist im Rahmen des Art.
131 GG auch der Bundesgesetzgeber.
(amtlicher Leitsatz)4. Art.
33 Abs. 2 GG berührt das Selbstverwaltungsrecht der Gemeinden nicht.
(amtlicher Leitsatz)5. Zur Behebung außerordentlicher Notstände sind auch ungewöhnliche Eingriffe in das Selbstverwaltungsrecht zulässig, wenn sie in der Form des Gesetzes vorgenommen und auf das zeitlich und sachlich unbedingt Notwendige begrenzt werden.
(amtlicher Leitsatz)6. §
91 BVerfGG ist mit dem Grundgesetz vereinbar.
(amtlicher Leitsatz)7. Eine Zuständigkeit der Landesverfassungsgerichte nach §
91 Satz 2 BVerfGG kommt nicht in Betracht, wenn Gemeinden oder Gemeindeverbände die Unvereinbarkeit von Bundesrecht mit dem Grundgesetz rügen.
(amtlicher Leitsatz)8. Gemeinden und Gemeindeverbände sind im Rahmen des §
91 BVerfGG befugt, die Unvereinbarkeit eines Gesetzes mit einer Norm des Grundgesetzes dann zu rügen, wenn diese Norm ihrem Inhalt nach das verfassungsrechtliche Bild der Selbstverwaltung mitzubestimmen geeignet ist.
(amtlicher Leitsatz)
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Tenor
Urteil
des Ersten Senats vom 20. März 1952
-
1 BvR 267/51 -
in dem Verfahren über die Verfassungsbeschwerde der Stadt Offenbach am Main gegen die §§ 11-18 des Gesetzes zur Regelung der Rechtsverhältnisse der unter Art.
131 des Grundgesetzes fallenden Personen vom 11. Mai 1951 (BGBl. I S. 307).
Die Verfassungsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Der Zusammenbruch des Deutschen Reiches als Folge des zweiten Weltkrieges brachte für eine große Zahl von Angehörigen und Versorgungsempfängern des öffentlichen Dienstes den Verlust ihres Amtes oder den Wegfall der Versorgungskasse, von der sie ihre Bezüge erhielten. Dies galt vornehmlich für Vertriebene, deren Dienststelle nicht mehr vorhanden oder in der einstigen Heimat zurückgeblieben war, und für Berufssoldaten. Die Not dieser Gruppen zu lindern oder zu beheben, war eine unabweisliche staatliche Aufgabe. Die Problematik lag in der Frage, wer an Stelle des einstigen Dienstherrn (z. B. Preußischer Staat, Kommunalverwaltungen in den Ostgebieten) nunmehr zur Fürsorge verpflichtet werden sollte. Um eine einheitliche Lösung dieses Fragenkomplexes zu gewährleisten, ermächtigte Art.
131 GG den Bundesgesetzgeber, "die Rechtsverhältnisse von Personen, einschließlich der Flüchtlinge und Vertriebenen, die am 8. Mai 1945 im öffentlichen Dienst standen, aus anderen als beamten- oder tarifrechtlichen Gründen ausgeschieden sind und bisher nicht oder nicht ihrer früheren Stellung entsprechend verwendet werden", zu regeln. Entsprechendes gilt nach Art.
131 Satz 2 GG für Versorgungsberechtigte in gleicher Lage. Von dieser Ermächtigung hat der Bund mit dem Gesetz zur Regelung der Rechtsverhältnisse der unter Art.
131 des Grundgesetzes fallenden Personen vom 11. Mai 1951 (BGBI. I S. 307) (im folgenden G 131) Gebrauch gemacht.
Das Grundanliegen dieses Gesetzes ist es, die betroffenen Personen nach Möglichkeit wieder in den öffentlichen Dienst im Gebiet der Bundesrepublik einzugliedern. Und zwar sind nach § 11 G 131 zu ihrer Unterbringung alle öffentlich-rechtlichen Dienstherren im Bundesgebiet verpflichtet; ausgenommen sind nur Gemeinden mit weniger als 3000 Einwohnern. Der Umfang dieser Unterbringungspflicht ist durch zwei Pflichtanteile bestimmt. Einmal müssen die Aufwendungen für die Beschäftigung der an der Unterbringung teilnehmenden Personen mindestens 20 v. H. des gesamten Besoldungsaufwands des Dienstherrn erreichen (Besoldungspflichtanteil § 12). Ferner muss die Zahl der in Beamtenplanstellen Untergebrachten mindestens 20 v. H. der Gesamtzahl der Planstellen des Dienstherrn ausmachen (Planstellenpflichtanteil § 13). Dienstherren außerhalb der Bundesverwaltung müssen, soweit bei ihnen innerhalb von drei Monaten nach dem Inkrafttreten des Gesetzes, d. h. nach dem 1. April 1951, der Pflichtanteil des Besoldungsaufwands nicht erreicht ist, einen Ausgleichsbetrag von 25 v. H. des entgegen § 12 nicht aufgewendeten Besoldungsbetrags zahlen (§ 14 Abs. 2). Bis zur Erfüllung des Planstellenpflichtanteils (§ 13) sind freie und freiwerdende Planstellen in der Regel nur mit den an der Unterbringung teilnehmenden Personen zu besetzen (§ 15). Eine Besetzung mit anderen Beamten bedarf außerhalb der Bundesverwaltung im allgemeinen der Zustimmung der obersten Landesbehörde; mit fortschreitender Annäherung an diesen Pflichtanteil ist diese Zustimmung für jede dritte, dann für jede zweite Stelle in der Regel zu erteilen; solange das erste Drittel des Pflichtanteils nicht erreicht ist, darf die Ausnahmezustimmung nur für abschließend aufgeführte Planstellen besonderer Prägung erteilt werden (§ 16). Handelt der Dienstherr den Verpflichtungen der §§ 15, 16 zuwider, so hat er laufend den Betrag zu zahlen, der für die pflichtwidrig besetzte Planstelle bisher verwandt wurde oder bei neugeschaffenen Planstellen als durchschnittlicher Besoldungsaufwand vorgesehen ist, und zwar solange, bis der Planstellenpflichtanteil erreicht ist (§ 17). Sowohl diese Zahlungen als auch die Ausgleichsbeträge nach § 14 sind an den Bund zu leisten und ausschließlich für Zwecke des G 131 zu verwenden (§ 18).
Die Beschwerdeführerin hat am 28. Oktober 1951 Verfassungsbeschwerde erhoben und trägt folgendes vor:
Die §§ 11-18 G 131 seien grundgesetzwidrig und daher nichtig. Art.
131 GG ermächtige den Bundesgesetzgeber lediglich, die Rechtsverhältnisse der verdrängten Angehörigen des öffentlichen Dienstes in ihrem Verhältnis untereinander, ihrem Verhältnis zum früheren Dienstherrn und zum Bund zu regeln. Soweit das G 131 auch Dritten, hier den Gemeinden, eine Unterbringungspflicht auferlege, überschreite es die Ermächtigung. Die im G 131 normierten Pflichtanteile (§§ 12, 13) und der Zustimmungsvorbehalt mit seiner Strafsanktion (§ 16) verstießen ferner gegen das in Art.
28 Abs. 2 GG den Gemeinden gewährleistete Recht der Selbstverwaltung. Eine Seite dieses Rechts sei die Personalhoheit. Der Vorbehalt in Art.
28 Abs. 2 GG "im Rahmen der Gesetze" gestatte Beschränkungen der Personalhoheit allenfalls durch den Landesgesetzgeber; dem Bund fehle insoweit eine Gesetzgebungskompetenz. Aber selbst wenn der Bund eine Gesetzgebungskompetenz hätte, sei die Personalhoheit der Gemeinden durch das G 131 so beschnitten, dass das Recht der Selbstverwaltung in seinem Wesensgehalt gekränkt sei. Da der natürliche Abgang an Personal jährlich nur 2-3 v. H. betrage, seien 7-10 Jahre nötig, um die Pflichtanteile zu erfüllen. Auf diese Dauer seien die Gemeinden genötigt, unter Zurücksetzung eigener qualifizierter Kräfte freiwerdende Stellen mit unter Umständen weniger geeigneten Kräften aus dem Kreise der Amtsverdrängten zu besetzen. Darin liege auch eine Verletzung des Art.
33 Abs. 2 GG, der jedem Deutschen nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung gleichen Zugang zu den öffentlichen Ämtern gewährleiste; dies beschwere mittelbar auch die Gemeinden. Vor allem werde ihre Personalhoheit durch die Häufung der Unterbringungspflichten nach dem Stand der heutigen Gesetzgebung über die Grenze des Zulässigen verletzt; denn neben die Pflichtanteile nach dem G 131 träten weitere zugunsten von Schwerbeschädigten, Spätheimkehrern, Zusicherungsempfängern, Inhabern eines Bergmannversorgungsscheins, Wiedergutmachungsberechtigten u. a. Unbillig sei auch, dass in den Besoldungsaufwand, der der Berechnung des Besoldungspflichtanteils zugrunde liege, auch technische Angestellte eingerechnet würden; dies laufe auf eine Bestrafung der Gemeinden hinaus, die Eigenbetriebe in nichtprivatrechtlicher Gestalt unterhielten. Die schwersten Bedenken seien aber gegen den Ausgleichsbetrag zu erheben, den die Gemeinden bei Nichterfüllung des Besoldungspflichtanteils zu entrichten hätten (§ 14 Abs. 2). Sei dieser Ausgleichsbetrag eine Abgabe, so ermangle dem Bund nach Art.
105 ff. GG die Gesetzgebungskompetenz. Auch liege ein Verstoß gegen Art.
120 GG vor, da die Pflicht zur Lösung des Problems der Amtsverdrängten eine typische Kriegsfolgelast sei, die der Bund nicht auf andere, insbesondere nicht auf die Gemeinden abwälzen könne. Sei dieser Ausgleichsbetrag aber ein Druckmittel, so werde gegen Art.
84 Abs. 3,
37 GG verstoßen, die dem Bund ein Aufsichtsrecht nur gegenüber den Ländern verliehen, während die Kommunalaufsicht ausschließlich Ländersache sei. Überdies sei diese Bestimmung nichtig, weil sie Unmögliches verlange. Der Ausgleichsbetrag werde schon fällig, wenn innerhalb von drei Monaten nach Inkrafttreten des Gesetzes, d. h. bis zum 30. Juni 1951 der Besoldungspflichtanteil nicht erreicht sei. Daß aber in dieser Frist der Pflichtanteil unmöglich erfüllt werden konnte, sei offenkundig. In diesem Ausgleichsbetrag sowohl als auch in der Strafsanktion des § 17 G 131 wende der Bundesgesetzgeber finanzielle Zwangsmittel an, die dem historisch gewordenen Bild der Aufsicht über Gemeinden wesensfremd und auch deshalb grundgesetzwidrig seien. Der Strafcharakter auch des Ausgleichsbetrages werde dadurch unterstrichen, dass es sich bei richtiger Auslegung des § 14 Abs. 2 um eine einmalige Zahlung handle. Dass sie, die Beschwerdeführerin, auch wirtschaftlich durch das G 131 schwer getroffen werde, ergebe sich aus dem Umstand, dass sie bei einem Defizit von zwei Millionen DM für diese Unterbringungslast 300 000.- DM aufbringen müsse; die Gesamtbelastung aller Gemeinden betrage etwa 50 Millionen DM.
Die Beschwerdeführerin beantragt, die §§ 11-18 des Gesetzes zur Regelung der Rechtsverhältnisse der unter Art.
131 des Grundgesetzes fallenden Personen vom 11. Mai 1951 (BGBI. I S. 307) für nichtig zu erklären.
Nach §
94 BVerfGG hat das Bundesverfassungsgericht dem Bundestag, dem Bundesrat, der Bundesregierung und der Arbeitsgemeinschaft kommunaler Spitzenverbände Gelegenheit zur Äußerung gegeben. Von dieser Möglichkeit haben die Bundesregierung und die Arbeitsgemeinschaft Gebrauch gemacht. Beide sind ebenso wie die Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung aufgetreten. Die Arbeitsgemeinschaft kommunaler Spitzenverbände schließt sich den Ausführungen der Beschwerdeführerin, zugleich mit einer Vertiefung nach der grundsätzlichen Seite, an. Die Bundesregierung tritt dem Standpunkt der Beschwerdeführerin mit Rechtsausführungen entgegen und hebt weiter hervor, dass die dem Bundesgesetzgeber in Art.
131 GG gestellte Aufgabe nur in einer Solidarität aller in Betracht kommenden Dienstherren lösbar gewesen sei. Der von der Beschwerdeführerin vornehmlich angegriffene § 14 Abs. 2 G 131 sei als Mittel gedacht, die Erfüllung des Besoldungspflichtanteils zu sichern. Die Frist für die Fälligkeit des laufend zu zahlenden Ausgleichsbetrages sei im übrigen durch Verfügung der Bundesregierung bis zum 15. August 1951 verlängert worden. Von einer fühlbaren Belastung der Gemeinden durch diesen Ausgleichsbetrag könne nicht gesprochen werden, da sie keinesfalls mehr als 5 v. H. des gesamten Besoldungsaufwands der Gemeinden ausmachen könne (§§ 12, 14 Abs. 2 G 131).
II.
Die in rechter Form und Frist (§
93 Abs. 2 BVerfGG) erhobene Verfassungsbeschwerde ist zulässig. Nach §
91 BVerfGG können Gemeinden und Gemeindeverbände die Verfassungsbeschwerde mit der Behauptung erheben, daß ein Gesetz des Bundes oder des Landes die Vorschrift des Art.
28 GG verletze. Eine Zuständigkeit des Hessischen Staatsgerichtshofs nach §
91 Satz 2 BVerfGG (etwa in Verbindung mit Art. 137, 131 der Hessischen Verfassung und §§ 45 ff. des Hessischen Gesetzes über den Staatsgerichtshof vom 12. Dezember 1947, GVBl. 1948, S. 3, 122) kommt hier nicht in Betracht. Die Beschwerdeführerin rügt mit der Verfassungsbeschwerde die Unvereinbarkeit eines Bundesgesetzes mit dem Grundgesetz. §
91 Satz 2 BVerfGG kann aber sinnvoll den Vorrang der Landesverfassungsgerichtsbarkeit nur für den Fall statuieren, dass Gemeinden oder Gemeindeverbände die Unvereinbarkeit von Landesgesetzen mit Art.
28 GG rügen. Die Kontrolle von Bundesrecht auch nur für diesen Einzelfall den Landesverfassungsgerichten zu übertragen, würde der Gesamtstruktur der Bundesverfassungsgerichtsbarkeit widersprechen. §
91 Satz 2 BVerfGG ist daher nicht anwendbar, wenn eine Gemeinde oder ein Gemeindeverband die Unvereinbarkeit von Bundesrecht mit dem Grundgesetz rügt (vgl. Arndt, DVBl. 1951, 299; Schäfer, DÖV 1951, 575).
Die im Schrifttum (Kollmann, DÖV 1951, 145; Schäfer, DÖV 1951, 572) gegen die Rechtsgültigkeit des §
91 BVerfGG erhobenen Bedenken sind unbegründet. Das Institut der Verfassungsbeschwerde ist im Grundgesetz nicht erwähnt. Ihre Einführung und Ausgestaltung im einzelnen durch ein besonderes Bundesgesetz war damit keinen Beschränkungen unterworfen und ist durch Art.
93 Abs. 2 GG gedeckt. Insbesondere steht nichts entgegen, falls man in Art.
28 Abs. 2 GG kein Grundrecht, sondern nur eine institutionelle Garantie erblicken sollte, auch eine solche durch eine Verfassungsbeschwerde justiziabel zu gestalten. Daß ferner Art.
28 GG nur die Beziehung Bund-Länder hinsichtlich des Selbstverwaltungsrechts der Gemeinden betreffe, aber den Gemeinden keine Möglichkeit verleihen wollte, selbst auf geeignete Art über dieses Recht zu wachen und es notfalls auch gerichtlich durchzusetzen, ist weder aus der Entstehungsgeschichte noch aus dem Wortlaut des Art.
28 GG zu entnehmen. Selbst wenn man Bedenken tragen sollte, den Gemeinden stets eine unmittelbare Beschwerde gegen Landesrecht beim Bundesverfassungsgericht zuzubilligen, so wären diese Bedenken jedenfalls durch §
91 Satz 2 BVerfGG beseitigt, der den Ländern die Möglichkeit gibt, für diese Fallgruppe die Landesverfassungsgerichtsbarkeit ausschließlich zuständig zu machen (vgl. Müthling, DÖV 1951, 169; Grafe, Der Städtetag 1951, 125).
III.
1. Die Beschwerdeführerin rügt in erster Linie, dass die §§ 11-18 G 131 mit Art.
28 Abs. 2 GG unvereinbar seien Nach Art.
28 Abs. 2 GG muss den Gemeinden das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Obwohl Art.
28 GG im Abschnitt "Der Bund und die Länder" untergebracht ist, sollte den Gemeinden hier das Recht der Selbstverwaltung in ähnlichem Umfang garantiert werden, wie es in dem unter den Grundrechten stehenden Art. 127 der Weimarer Verfassung (RV) der Fall gewesen war. War Art. 127 RV ursprünglich wegen des Gesetzesvorbehalts weithin als "materiell inhaltlos" bezeichnet worden (so noch Anschütz, Die Verfassung des Deutschen Reichs, 8. Aufl. 1928, S. 334 f), so setzte sich mehr und mehr die Meinung durch, dass Art. 127 RV das Recht der Selbstverwaltung institutionell garantiere. Der Staatsgerichtshof für das Deutsche Reich gab in seiner Entscheidung vom 10./11. Dezember 1929 (Lammers-Simons Bd. II S. 107) die dann herrschend gewordene Auffassung mit den Worten wieder: "Art. 127 RV bedeutet kein bloßes Programm ohne rechtlichen Gehalt. Er setzt vielmehr bindend fest, daß den Gemeinden und Gemeindeverbänden das Recht der Selbstverwaltung zustehe. Die Landesgesetzgebung darf daher dieses Recht nicht aufheben und die Verwaltung der Gemeindeangelegenheiten nicht den Staatsbehörden übertragen. Sie darf die Selbstverwaltung auch nicht derart einschränken, dass sie innerlich ausgehöhlt wird, die Gelegenheit zu kraftvoller Betätigung verliert und nur noch ein Scheindasein führen kann. Nicht aber ist aus Art. 127 RV herzuleiten, dass er den Gemeinden die Selbstverwaltungsrechte in ihren Einzelheiten verbürge, die ihnen zur Zeit der Verkündung der Verfassung zustanden..." (zustimmend, wiewohl hinsichtlich der praktischen Tragweite skeptisch Anschütz, aaO, 14. Aufl. 1933, S. 583). Dieser Auslegung ist auch für Art.
28 Abs. 2 GG zu folgen. Diese Bestimmung unterscheidet sich von Art. 127 RV nur dadurch, dass sie den Begriff der Selbstverwaltung in ihrem ersten Satz umschreibt und das Prinzip der Allzuständigkeit in diese Umschreibung aufnimmt. Die Entstehungsgeschichte des Art.
28 Abs. 2 GG (vgl. JöR N.F. 1, 1951, S. 253 ff.) ergibt aber nicht, daß der Grundgesetzgeber im übrigen hinter der Auslegung, die Art. 127 RV gegen Ende der Weimarer Republik gefunden hatte, zurückbleiben oder darüber hinausgehen wollte.
Zum Recht der Selbstverwaltung gehört auch die Personalhoheit (vgl. Bayer. VerfGH, 21. November 1949, VGHE n. F. Bd. 2 Teil II, S. 162 ff.). Die in §§ 11-18 G 131 enthaltenen Beschränkungen der Personalhoheit der Gemeinden sind daher dann mit Art.
28 Abs. 2 GG vereinbar, wenn sie dem Vorbehalt "im Rahmen der Gesetze" entsprechen und wenn sie den Wesensgehalt der gemeindlichen Personalhoheit unangetastet lassen.
Bedeuten die Worte "im Rahmen der Gesetze" nichts anderes, als dass Beschränkungen des Selbstverwaltungsrechts bis zu der aufgewiesenen Grenze nur durch ein Gesetz erfolgen dürfen, so ist doch die Meinung der Beschwerdeführerin unrichtig, dass nur die Länder insoweit eine Gesetzgebungskompetenz hätten. Zwar gehören Gemeindeangelegenheiten grundsätzlich zur Gesetzgebungsbefugnis der Länder (Art. 70 ff., insbes. arg. Art.
75 Ziff. 1 GG). Wenn jedoch Art.
131 GG den Bund ermächtigen sollte, auch die Gemeinden zur Unterbringung der verdrängten Angehörigen des öffentlichen Dienstes durch Bundesgesetz zu verpflichten, so wäre insoweit für den Bundesgesetzgeber eine Sondergesetzgebungskompetenz beschränkten Umfangs geschaffen, deren Ausnutzung im Rahmen des Art.
131 GG den Bund zu einer Einschränkung der gemeindlichen Personalhoheit befähigen würde. Dass die Ermächtigung des Art.
131 GG aber so weit geht, ergeben Entstehungsgeschichte und Sinn dieser Norm.
2. Bei den Debatten, die schließlich zur heutigen Fassung des Art.
131 GG geführt haben, spielte die Frage eine große Rolle, ob den verdrängten Angehörigen des öffentlichen Dienstes ein Recht auf Wiedereinstellung von vornherein abgeschnitten und nur Versorgungsansprüche gewährt werden sollten. Der ursprüngliche Vorschlag des Allgemeinen Redaktionsausschusses sprach Rechte auf Wiedereinstellung in der Tat schlechthin ab. Auf Interventionen der Beamtenverbände fiel diese Bestimmung und man einigte sich dahin, in einer allgemein gehaltenen Rahmenvorschrift den Bundesgesetzgeber zur Regelung dieses ganzen Komplexes zu ermächtigen. Die dem heutigen Art.
131 GG fast wörtlich entsprechende Formulierung des Organisationsausschusses (14. Januar 1949) blieb aber weiter wegen der Frage umstritten, ob nur eine Versorgung oder auch eine Wiedereinstellung der Lösung des Verdrängtenproblems eher gerecht würde. Zwischen den entgegenstehenden Auffassungen vermittelte ein Vorschlag des Abgeordneten Dr. Höpker-Aschoff. Er wies darauf hin, dass die völlig ungeklärten Rechtsverhältnisse des unter die Bestimmung fallenden Personenkreises unter allen Umständen eine gesetzliche Regelung verlangten. Die Frage, inwieweit diesen Personen ein Wiedereinstellungsanspruch zustehe, werde durch das kommende Bundesgesetz geregelt. Der Vorschlag des Organisationsausschusses gewährleiste einen solchen Anspruch an sich nicht. Es kam dann unter Hinzufügung der Sperrklausel des letzten Satzes zu der heutigen Fassung des Art.
131 GG (vgl. JöR N.F. 1, 1951. S. 858 ff.). Nach dieser Entstehungsgeschichte kann kein Zweifel sein, dass das Grundgesetz den Bundesgesetzgeber ermächtigt hat, den bedeutsamen und mehr und mehr bedrückend gewordenen Komplex der Rechtsverhältnisse verdrängter Beamten nach eigenem gesetzgeberischen Ermessen konstitutiv zu ordnen.
Art.
131 GG selbst ist nicht verfassungswidrig; insoweit ist der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 15. März 1951 (
BGHZ 1, 274) beizutreten. Dabei kann hier offenbleiben, ob Art. 131 den Bundesgesetzgeber auch zu gesetzlichen Maßnahmen ermächtigt, die ihrerseits Grundrechte, etwa den Gleichheitssatz, verletzen. Solche Verstöße enthalten die §§ 11-18 G 131 nicht.
Von der durch Art.
131 GG gewährten Befugnis zu konstitutiver Regelung hat der Bundesgesetzgeber grundsätzlich in zulässiger Weise Gebrauch gemacht, wenn er sich im G 131 bemüht, die betroffenen Personen nicht auf eine Versorgung bei weiterer Untätigkeit zu verweisen, sondern die noch Dienstfähigen in möglichst weitem Umfange wieder in den öffentlichen Dienst einzuordnen. Da das von Art.
131 GG betroffene Personal aber bei Dienstherren verschiedener staats- und verwaltungsrechtlicher Rangordnung, namentlich eben auch bei Gemeinden, beschäftigt war, war es sachgerecht und durch die Ermächtigung des Art. 131 gedeckt, dass der Bund auch die Länder und die Gemeinden mit zur Unterbringung der verdrängten Beamten heranzog. Insoweit begründet Art. 131 als lex specialis eine Gesetzgebungsbefugnis des Bundes eigener Art, die in Verbindung mit dem G 131 auch den Gesetzesvorbehalt des Art.
28 Satz 2 GG auszufüllen vermag.
Damit erledigt sich auch der Einwand der Beschwerdeführerin, Art. 131 habe den Bundesgesetzgeber nicht ermächtigt, die Rechtsverhältnisse der verdrängten Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu "Dritten", hier also zu den Gemeinden, in der Weise zu regeln, dass ihnen eine Unterbringungspflicht auferlegt werde.
3. Die Rechtsgültigkeit der §§ 11-18 G 131 wäre dennoch zu verneinen, wenn die darin ausgesprochenen Beschränkungen die gemeindliche Personalhoheit in ihrem Wesensgehalt antasteten. Die Beschwerdeführerin will eine solche Kränkung im Wesensgehalt einmal in der Art sehen, in welcher die Unterbringungspflicht geordnet ist, weiter in der Folge, dass ein langer Zeitraum (7-10 Jahre) nötig sei, um die Pflichtanteile zu erfüllen, und schließlich in der Häufung gleichgearteter Unterbringungspflichten auf Grund weiterer Bundes- und Landesgesetze.
Die Gesamtheit der Normen und Grundsätze, die den historisch gewordenen Begriff der Selbstverwaltung ausmachen, kann nicht in dem Sinne als unabänderlich gelten, dass sie in keiner Hinsicht und zu keiner Zeit in ihrem Bestande angetastet werden dürfte. Gewiss ist ein bestimmter Kern der Selbstverwaltung gegen jede gesetzliche Schmälerung gesichert. Aber es gibt Erscheinungsformen der Selbstverwaltung, die sich in besonderen Notlagen gewisse Einschränkungen gefallen lassen müssen. Der Maßstab, an dem die Zulässigkeit solcher Eingriffe in die Selbstverwaltung zu messen ist, kann kein einheitlicher sein; er ändert sich nach den besonderen Bedürfnissen der Zeit. Was in ruhigen, verwaltungsmäßig unproblematischen Verhältnissen bereits als unzulässiger Eingriff beanstandet werden müsste, muss, wenn es sich um die rasche Behebung außerordentlicher Notstände handelt, als tragbar und sogar geboten angesehen werden. Zu fordern ist lediglich, dass solche ungewöhnlichen Eingriffe in der Form des Gesetzes vorgenommen und dass sie auf das zeitlich und sachlich unbedingt Notwendige begrenzt werden.
Die Lage der verdrängten Angehörigen des öffentlichen Dienstes war seit dem Zusammenbruch in steigendem Maße und vornehmlich seit der Währungsreform zu einem Problem erster Ordnung geworden, auf dessen Lösung etwa 500.000 betroffene Personen schmerzlich warteten. Die Lösung war vor der staatlichen Neuordnung der westdeutschen Bundesrepublik nicht möglich und erforderte danach umfängliche und schwierige Vorarbeiten. Dieser außergewöhnlichen Lage konnte der Gesetzgeber nur mit Maßnahmen gerecht werden, die der Schwierigkeit der Aufgabe angepaßt waren. Der Ausnahmecharakter der dem Bundesgesetzgeber in Art. 131 erteilten Ermächtigung war den an der Schaffung des Grundgesetzes beteiligten Gremien gegenwärtig. Sollte aber der Bundesgesetzgeber die Not der Amtsverdrängten schnell und wirksam wenden, so durfte er die Unterbringungspflicht der Dienstherren, auch soweit sie seiner unmittelbaren Aufsicht nicht unterstanden, mit den wirksamsten Mitteln durchsetzen. Weder der Stellenvorbehalt noch das Erfordernis einer Zustimmung der obersten Landesbehörde, das sich im übrigen im Rahmen der Kommunalaufsicht hält, noch aber auch die Strafsanktion für pflichtwidrige Besetzungen können bei dieser Sachlage als Missbrauch des gesetzgeberischen Ermessens gewertet werden.
Freilich ist die Personalhoheit der Gemeinden durch das G 131 empfindlich verkürzt worden, vor allem deshalb, weil nach der Natur der Sache ein beträchtlicher Zeitraum vergehen kann, bis die Pflichtanteile erfüllt sind. Der Wesensgehalt der Personalhoheit wäre aber nur dann angetastet, wenn es sich nicht nur um vorübergehende, zur Behebung einer besonderen Not auf Zeit unerlässliche Beschränkungen handelte. Ob bei der Außergewöhnlichkeit der zu bewältigenden Aufgabe auf gewisse Zeit eine Unterbringungspflicht ohne Zulassung von Ausnahmen legitim gewesen wäre, kann hier offenbleiben. Davon kann jedenfalls im G 131 keine Rede sein, da die Pflichtanteile nur 20 v. H. von Besoldungsaufwand und Planstellen ausmachen, der Gemeinde das Recht unverkürzt ist, aus der großen Zahl amtsverdrängter Personen diejenigen auszuwählen, die ihr genehm sind, und § 16 Abs. 2 G 131 nach der Erfüllung von einem Drittel des Planstellenpflichtanteils den Gemeinden fortschreitend größere Freiheiten in der Stellenbesetzung gewährt.
Zuzugeben ist der Beschwerdeführerin, daß die Häufung von Unterbringungspflichten auf Grund anderer Bundes- und Landesgesetze (für Schwerbeschädigte, Spätheimkehrer, Zusicherungsempfänger, Wiedergutmachungsberechtigte, Inhaber eines Bergmannsversorgungsscheins) die Beschränkungen der Personalhoheit bis an die Grenze des noch Zulässigen vorgetrieben hat. Aber selbst diese Häufung tastet die Personalhoheit in ihrem Wesensgehalt noch nicht an, weil diese Unterbringungspflichten zum überwiegenden Teil ihrer Natur nach zeitlich begrenzt sind. Daß die Dauer dieser Beschränkungen dennoch empfindlich bleibt, ist dem Ausmaß des deutschen Zusammenbruchs im Jahre 1945 zuzuschreiben, dessen Folgen nur allmählich und im Zusammenstehen Aller gemildert und behoben werden können.
Der Umstand, dass bei der Berechnung des Besoldungspflichtanteils im Rahmen des § 12 auch der Besoldungsaufwand für technische Angestellte gemeindlicher Eigenbetriebe herangezogen wird, bedeutet keine Ermessensüberschreitung des Bundesgesetzgebers. Gemeindliche Eigenbetriebe und Unternehmen in privatrechtlicher Form mit Beteiligung der Gemeinde erfahren auch sonst eine rechtlich verschiedene Behandlung, ohne dass deshalb eine willkürliche Unterscheidung vorläge.
4. Die Angriffe der Beschwerdeführerin richten sich schließlich gegen § 14 Abs. 2 G 131. Nach dieser Vorschrift ist von Dienstherren außerhalb der Bundesverwaltung ein Ausgleichsbetrag zu zahlen, soweit nach Ablauf von drei Monaten seit Inkrafttreten des G 131 der Besoldungspflichtanteil nicht erreicht ist. Die Höhe des Ausgleichsbetrages macht 25 v. H. des entgegen § 12 nicht aufgewendeten Besoldungsbetrages aus. Diese Vorschrift ist in der Tat bei den Beratungen des Gesetzes im Bundestag (vgl. Abg. Menzel in der 84. Sitzung, StenBer. S. 3149; Dr. Klein in der 118. Sitzung, aaO, S. 4531) und Bundesrat (55. Sitzung, Sitzungsbericht S. 292 ff.) stark umstritten gewesen. Über ihre Zweckmäßigkeit hat das Bundesverfassungsgericht nicht zu entscheiden. Ein Verstoß gegen das Grundgesetz kann in ihr jedenfalls nicht erblickt werden.
In das Selbstverwaltungsrecht der Gemeinden greift diese Bestimmung nicht stärker ein als die übrigen von der Beschwerdeführerin gerügten Vorschriften des G 131. Insoweit gilt auch für § 14 Abs. 2 das, was oben allgemein zu den Einschränkungen des Selbstverwaltungsrechts in Notzeiten ausgeführt worden ist.
Die Beschwerdeführerin rügt aber auch die Verletzung anderer Bestimmungen des Grundgesetzes durch § 14 Abs. 2 G 131 und macht ferner geltend, daß diese Vorschrift nichtig sei, da sie Unmögliches fordere.
Die Beschwerdeführerin ist im Rahmen der Verfassungsbeschwerde nach §
91 BVerfGG an sich nur sachbefugt, eine Verletzung des Art.
28 GG zu rügen. Das Bundesverfassungsgericht hält sich aber im Interesse einer endgültigen Ausräumung von Zweifeln für verpflichtet, die Übereinstimmung der angefochtenen Gesetzesbestimmungen mit gewissen anderen Normen des Grundgesetzes zu prüfen. Gemeinden und Gemeindeverbände müssen im Rahmen des §
91 BVerfGG als befugt angesehen werden, die Unvereinbarkeit eines Gesetzes mit einer Norm des Grundgesetzes dann zu rügen, wenn diese Norm ihrem Inhalt nach das verfassungsrechtliche Bild der Selbstverwaltung mitzubestimmen geeignet ist. Erfordert der Sachzusammenhang diese Auslegung des §
91 BVerfGG, so würde andererseits eine noch weitere Ausdehnung der Rügebefugnis von Gemeinden und Gemeindeverbänden das Recht, eine Normenkontrolle zu beantragen (vgl. Art.
93 Abs. 1 Nr. 2,
100 GG), entgegen Wortlaut und Sinn des §
91 BVerfGG ungebührlich ausweiten.
Zunächst ist klarzustellen, was § 14 Abs. 2 G 131 den Gemeinden auferlegt. Die Bestimmung lautet:
"Soweit im Bereich eines anderen Dienstherrn nach Ablauf von drei Monaten seit Inkrafttreten dieses Gesetzes der Pflichtanteil des Besoldungsaufwandes nicht erreicht ist, ist ein Ausgleichsbetrag in Höhe von fünfundzwanzig vom Hundert des Unterschiedes zu zahlen."
Sinn dieser Bestimmung kann nur sein, eine unterschiedliche Befolgung der Unterbringungspflicht durch verschiedene Dienstherren dadurch auszugleichen, dass Dienstherren, die dieser Pflicht nicht nachkommen, durch die Auferlegung des Ausgleichsbetrages an der alsbaldigen Erfüllung der Unterbringungspflicht interessiert werden. Eine Gemeinde könnte also §§ 12 und 14 G 131 für sich genommen auch so erfüllen, dass sie vorzieht, nur den Ausgleichsbetrag zu zahlen. Die Hauptpflicht (Erfüllung des Besoldungspflichtanteils) kann also durch Zahlung des Ausgleichsbetrages abgewendet werden. Dies hat vor allem dort praktische Bedeutung, wo Gemeinden zur Erfüllung des Planstellenpflichtanteils keine oder ungenügende Gelegenheit haben, weil Planstellen nicht oder in ungenügender Zahl frei werden. Ist dies der Sinn der Bestimmung, so ergibt sich zunächst, dass es sich um eine laufende Zahlungspflicht handelt, die so lange währt, bis der Besoldungspflichtanteil erreicht ist. Darüber hat auch bei den parlamentarischen Beratungen des Gesetzes weithin Übereinstimmung geherrscht. Auch im Wortlaut des § 14 Abs. 2 ("Soweit... nicht erreicht ist" usw.) kommt diese Auslegung zum Ausdruck (vgl. Anders, Kommentar zum G 131, 1951, § 14 Anm. 5; von Arnim, Kommentar zum G 131, 1951, § 14 Anm. 3 am Ende).
Dann kann aber auch die Dreimonatsfrist nicht mit Grund beanstandet werden, da gar nicht vorausgesetzt ist, dass der Dienstherr bis 30. Juni 1951 den Besoldungspflichtanteil erfüllt hätte. Die Frist hat vielmehr die Bedeutung einer Überlegungs- und Wartefrist, nach deren Ablauf der eine Art facultas alternativa darstellende Ausgleichsbetrag fällig zu werden beginnt.
Ebenso wie die Strafandrohung des §17 G 131 ist auch diese Pflicht zur Zahlung des Ausgleichsbetrages ein Mittel, um eine möglichst baldige Unterbringung der verdrängten Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu sichern. Die Zulässigkeit dieses Mittels rechtfertigt sich aus den Überlegungen oben zu III 3.
Zu fragen wäre nur, ob der Bund die ihm nach Art.
120 GG aufgebürdeten Kriegsfolgelasten durch diesen Ausgleichsbetrag nicht in unzulässiger Weise auf Dienstherren außerhalb der Bundesverwaltung abwälzt. Art.
120 GG ist in der Tat eine Norm, deren Verletzung die Gemeinde, wie erörtert, hier rügen kann.
§ 57 G 131 sagt selbst, dass die nach Kap. I dieses Gesetzes zu leistenden Zahlungen grundsätzlich dem Bunde zur Last fallen. Auch das erste Überleitungsgesetz in der Fassung vom 21. August 1951 (BGBI. I S. 779) bürdet in § 1 Abs. 1 Ziff. 7 die finanziellen Aufwendungen für verdrängte Angehörige des öffentlichen Dienstes als Kriegsfolgelasten im Sinne des Art.
120 GG dem Bunde auf. Dennoch war der Sinn des § 14 Abs. 2 G 131 offenkundig nicht der, einen Teil der Kriegsfolgelasten vom Bunde abzuwälzen. Eine versteckte Überbürdung eines Teiles dieser Lasten auf Dienstherren außerhalb der Bundesverwaltung läge vielleicht dann vor, wenn die Nichterfüllung des Besoldungspflichtanteils in Höhe von 20 v. H. des Besoldungsaufwandes eine Pflicht zur vollen Leistung dieser 20 v. H. oder doch eines erheblichen Teiles davon an den Bund zur Folge hätte. Da § 14 Abs. 2 G 131 aber nur ein Viertel des Unterschiedsbetrages, also höchstens 5 v. H. des gesamten Besoldungsaufwandes erfassen kann, ist die Funktion dieses Ausgleichsbetrages als Mittel der Selbstmahnung und nicht als Beitrag zu den Kriegsfolgelasten deutlich. Dies bestätigt sich auch, wenn man die Gesamthöhe dieser gemeindlichen Ausgleichszahlungen zu der Summe der vom Bund für das G 131 aufzuwendenden Beträge in Vergleich setzt. Während die Gesamtbelastung des Bundes aus dem G 131 im Rechnungsjahr 1951 sich auf etwa 645 Millionen DM beläuft, ist die Belastung der Gemeinden mit Ausgleichszahlungen im gleichen Zeitraum auf etwa 40 Millionen DM anzuschlagen. Die relative Geringfügigkeit dieses Betrages, der sich zudem noch im Laufe der Jahre vermindert, schließt es aus, eine Überbürdung von Kriegsfolgelasten anzunehmen. Dass eine solche Überbürdung auch den Absichten des Gesetzgebers fernlag, zeigen die Ausführungen des Bundesministers der Finanzen in der 130. Sitzung des Bundestages (Verhandlungen des Bundestages, StenBer. S. 5004, 5010). Wenn der Bundesgesetzgeber sich in § 18 G 131 selbst bindet, diese Beträge ausschließlich für Zwecke des G 131 zu verwenden, so steht das nicht entgegen.
5. Zu der Rüge schließlich, die §§ 11-18 G 131 verletzten den Art.
33 Abs. 2 GG (gleicher Zugang zu öffentlichen Ämtern), ist die Beschwerdeführerin aus §
91 BVerfGG nicht befugt; denn Art.
33 Abs. 2 GG gibt nur dem Einzelnen ein Recht gegen den Staat, berührt aber das Selbstverwaltungsrecht der Gemeinden nicht. Wollte man den Gemeinden selbst das Recht zugestehen, neben der Verfassungsbeschwerde aus § 91 auch die aus §
90 BVerfGG zu erheben, so würde der gleiche Gesichtspunkt zur Unzulässigkeit auch dieser Beschwerde führen.
Die Verfassungsbeschwerde ist nach allem zurückzuweisen.