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Einsichtnahme des Rats in Unterlagen zu Aufsichtsratssitzungen einer AG mit kommunaler Beteiligung; Reichweite der Berichtspflicht nach § 113 V GO NRW

OVG Münster, Urteil vom 12.12.2022 - Az.: 15 A 2689/20

Leitsätze:

1. Das Akteneinsichtsrecht aus § 55 Abs. 4 GO NRW kann durch zumindest gleichrangige gesetzliche Regelungen über den Schutz von Daten - etwa durch das Steuergeheimnis aus § 30 Abs. 1 und 2 AO oder gesellschaftsrechtliche Verschwiegenheitspflichten - beschränkt oder sogar ausgeschlossen werden. (amtlicher Leitsatz)

2. Die Vorschrift des § 113 Abs. 5 Satz 1 GO NRW begründet eine Berichtspflicht i. S. d. § 394 AktG und ist mit dem vorrangigen Bundesrecht des Aktiengesetzes vereinbar. Entgegen einer verbreiteten Meinung lässt sich § 394 AktG nicht entnehmen, dass Bestimmungen nach Satz 3, mit denen eine Berichtspflicht begründet wird, ein besonderes Maß an Vertraulichkeit gewährleisten müssen und dies bei einer größeren Zahl von Berichtsempfängern (etwa allen Ratsmitgliedern einer Gemeinde) von vornherein nicht der Fall sein könne. (amtlicher Leitsatz)

3. Die Berichtspflicht nach § 113 Abs. 5 Satz 1 GO NRW erstreckt sich auf alle Ange-legenheiten von besonderer Bedeutung, wobei Letztere aus Sicht der Gemeinde, nicht des jeweiligen Unternehmens zu bewerten ist. Von besonderer Bedeutung für die Gemeinde sind jedenfalls diejenigen Angelegenheiten, die nach den kommunalverfassungsrechtlichen Vorgaben zwingend einer Entscheidung des Rates bedürfen. (amtlicher Leitsatz)

4. Der Rat ist nach § 113 Abs. 5 Satz 1 GO NRW so frühzeitig zu unterrichten, dass ihm eine Willensbildung und eine diesbezügliche Einflussnahme noch möglich ist, er mithin die Gelegenheit hat, durch sein in § 113 Abs. 1 Satz 2 GO NRW geregeltes Weisungsrecht Einfluss auf die in den betreffenden Gremien anstehenden Entscheidungen ausüben zu können. (amtlicher Leitsatz)

5. Wird eine frühzeitige Unterrichtung versäumt, lässt dies die Notwendigkeit einer späteren Information des Rates - auch wenn sich die „Angelegenheit“ erledigt hat - nicht entfallen. Anderenfalls könnten sich die Vertreterinnen und Vertreter der Gemeinden im Aufsichtsrat durch Untätigkeit und Zeitablauf ihrer Berichtspflicht entziehen, was dem Zweck des Gesetzes erkennbar zuwiderliefe. (amtlicher Leitsatz)

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https://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/ovg_nrw/j2022/15_A_2689_20_Urteil_20221212.html