Begrenzung von Gabholzansprüchen
VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 07.03.1967 - Az.: III 19/66
Leitsätze:
Die Gemeinde hat die Gabholzansprüche ihrer Bürger nur soweit zu befriedigen, als der mit dem Bürgernutzen belastete Wald einen wirtschaftlichen Überschuß abwirft. (amtlicher Leitsatz)
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Volltext
Gründe
Der Kl. begehrt mit seiner Berufung die Lieferung von Gabholz für das Jahr 1963. Das VG hat dieses Begehren mit Recht abgewiesen, Denn die Bekl. ist zur Lieferung von Gabholz für das Jahr 1963 deshalb nicht verpflichtet, weil der Sandhofer Wald im Jahre 1963 keinen Überschuß erbracht hat. Daß keine Verpflichtung zur Leistung von Gabholz besteht, wenn der Wald keinen Überschuß erbringt, ergibt Sich aus § 83 Abs.1 GemO. Die Auffassung des Kl., er könne unmittelbar aus dem Eingemeindungsvertrag zwischen der Gemeinde Sandhofen und der Stadt Mannheim vom Jahre 1912 einen Anspruch auf Lieferung von Gabholz herleiten, ist rechtsirrig. Denn der Eingemeindungsvertrag enthält in § 3 keine selbständige Verpflichtung der Bekl., sondern nur eine Übernahme der bis dahin der Gemeinde S. obliegenden Verpflichtungen aus Bürgernutzen.
§ 83 Abs. 1 GemO bestimmt, daß es für die Nutzung des Gemeindegliedervermögens beim bisherigen Recht bleibt. Da der Sandhofer Wald im ehem. Land Baden liegt, richtet sich der vom Kl. geltend gemachte Anspruch nach den §§ 85 ff. der bad. Gemeindeordnung vom 5.10.1921 i.d.F. des § 12 der bad. ÜberleitungsVO zur Deutschen Gemeindeordnung vom 3,4. 1935 (GVBl. S, 103) — GemO 1921 —.
Nach diesem Recht steht den Nutzungsberechtigten ein Anspruch auf Gabholz nur insoweit zu, als der dem Bürgernutzen dienende Wald einen wirtschaftlichen Überschuß abwirft. Gleiches gilt auch für die ersatzweise zu gewährende Geldentschädigung (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 8. 11. 1961 BaWüVBl. 1962, 44). Das ergibt sich aus § 86 GemO 1921. Nach dieser Bestimmung ist bei verminderter nachhaltiger Ertragsfähigkeit der Waldungen zunächst die Größe der Holzgaben herabzusetzen (Abs. 1) und sodann die Zahl der Berechtigten zu reduzieren (Abs. 2). Wie zu verfahren ist, wenn der Wald überhaupt keinen Ertrag mehr abwirft, ist in § 86 GemO nicht ausdrücklich erwähnt. Daraus kann jedoch, im Gegensatz zu der vom Kl. vertretenen Auffassung, keineswegs der Schluß gezogen werden, daß in einem solchen Falle der Bürgernutzen nicht für alle Berechtigten, sondern nur für einen Teil derselben gestrichen werden dürfe. § 86 Abs. 2 GemO 1921 verbietet lediglich die Ausgabe geringerer Holzmengen als 2 Ster, ohne gleichzeitig eine untere Grenze für die Reduzierung der Zahl der Gabholzberechtigten festzusetzen. Demzufolge ist bei einem Rückgang des Ertrags bis zur Ertragslosigkeit die Zahl der Berechtigten entsprechend zu reduzieren, bis überhaupt kein Gabholz mehr ausgegeben wird. Dürch das Verbot des § 86 Abs. 2 GemO 1921, keine geringeren Holzmengen als 2 Ster auszugeben, wollte der Gesetzgeber eine unwirtschaftliche Lieferung von Kleinstmengen gen verhindern. Ein Anspruch der Nutzbürger darauf, daß wenigstens einigen Berechtigten der Gabholzbezug in Höhe von 2 Ster erhalten bleibt, 1äßt sich dem Verbot — entgegen der Auffassung des Kl. - nicht herleiten. Wäre die vom Kl. vorgenommene Auslegung des nach § 86 Abs. 2 GemO 1921 des Bürgergenusses § 86 Abs. 2 GemO 1921 zutreffend, so würde dies eine nach § 85 Abs. 1 GemO 1921 unzulässige Erweiterung des Bürgergenusses in seinem Umfang gegenüber dem vorherigen Zustand zur Folge haben. Denn nach den bad. Gemeindeordnungen von 1870 (Gesetz die Abänderung einiger Bestimmungen des Gesetzes über die Verfassung und Verwaltung der Gemeinden betreffend vom 14. 5. 1870 — GVBl. für das Großherzogtum Baden 1870 S. 423) und 1831 (Gesetz über die Verfassung und Verwaltung der Gemeinden vom 31. 12. 1831 — Großh. Bad. Staats- und Regierungsblatt 1832 S. 81) waren die Gemeinden nicht verpflichtet, unabhängig vom Ertrag des Waldes in einem bestimmten Mindestumfang Gabholz zu liefern.
Die in § 86 GemO 1921 enthaltene Beschränkung der Gabholzansprüche auf den Ertrag der Waldungen entspricht dem Rechtszustand im Zeitpunkt der Eingemeindung von Sandhofen. Denn der Gabholzanspruch als eine Beteiligung der Berechtigten am Ertrag des Gemeindegliedervermögens war auch schon früher von eben diesem Ertrag abhängig und setzte diesen voraus. § 104 Abs. 3 GemO 1870 sah eine Verminderung der Größe der Holzgaben für den Fall vor, daß die nachhaltige Ertragsfähigkeit der Waldungen zurückgeht. Die gleiche Bestimmung findet Sich als § 85 Abs. 3 in der Gemeindeordnung von 1831. Wenn diese Vorschriften ebenso wie § 86 GemO 1921 den Fall der völligen Ertragslosigkeit der Waldungen nicht ausdrücklich erwähnt haben, so deshalb, weil in der damaligen Zeit die Waldungen regelmäßig einen mehr oder minder großen Ertrag abwarfen (...)